Abbau von Berührungsängsten
Inklusionstage an Schulen zeigten mit Rollstuhlbasketball und Ernährungsparcours Perspektivwechsel für Kinder auf
Berührungsängste mit dem Rollstuhl: null. Reinsetzen, anschieben und ab geht die wilde Fahrt. Wenn aber ein Basketball ins Spiel kommt, wird’s schon schwieriger… Wie den Ball halten – und gleichzeitig vorankommen? Und wenn der Ball gar auf den Boden fällt – wie kriegt man den wieder in den Rollstuhl? Und wenn man dann mal zum Wurf kommt, nicht trifft – wie soll man jemals den Rebound fangen?
Unter den Körben, in ihrem gewohnten Basketball, da haben die Kinder der Sechsten Klassen des Münchner Gymnasiums Nord am Mittwoch einen Perspektivwechsel vollzogen. Bei einer Runde Rollstuhl-Basketball konnten die Kids mal erleben, wie sich der gleiche Lieblingssport für Kinder anfühlt, die auf den Rollstuhl angewiesen sind. Und wie groß die Leistung ist, darin ein Spiel zu bestreiten, Körbe zu werfen – und Rebounds zu holen.
Der Fokus ging dann vom Sport auf den Alltag über. Eine Fahrstrecke mit Schlaglöchern und kleinen Schwellen, eine Steigung: So mühsam können Banalitäten im Rollstuhl sein. Ein Ernährungsparcours mit Stationen zum Lernen mit allen Sinnen über Lebensmittel rundete den großen Erlebnis- und Erfahrungstag ab.
An sieben Schulen in allen Regierungsbezirken im Freistaat haben der Bayerische Basketball-Verband und die Bamberger Initiative „goolkids“ mit den Rollstuhlbasketballern der „Thuringia Bulls“ und mit Unterstützung der Sportjugendstiftung der bayerischen Sparkassen und von „Rewe“ diese Inklusionstage durchgeführt. „Die Resonanz war durchweg positiv“, freute sich André Bienek, mehrfacher Paralympics-Teilnehmer im Rollstuhl-Basketball und Gesicht der Inklusionstage.
Für ihn sei es „richtig schön gewesen, wie die Kinder unsere Angebote offen aufgenommen haben“. Man habe vermitteln können, dass Leben mit Behinderung „was anderes ist, aber trotzdem cool sein kann“. Der Profisportler bilanzierte es als „außergewöhnlich, was wir hier geschaffen haben.“
Diesen Perspektivwechsel zu vermitteln, sei der Anspruch, mit dem Sportjugendstiftung der bayerischen Sparkassen das Projekt unterstütze, sagte Dr. Ingo Krüger, Geschäftsführender Vorstand: „Gegenseitiges Verstehen beginnt immer mit der positiven Erfahrung.“ Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von der Stiftung gefördert werde, sei es, „für ein verständnisvolles Miteinander und den Abbau von Berührungsängsten dafür zu sorgen, dass man mehr miteinander spricht“, betonte Krüger.
Mit der Abrundung durch den Ernährungsparcours habe man „eine runde Geschichte“ kreiert, sagte Ines Popp, Gesundheitsexpertin bei „Rewe“. So könne man „den Kindern ein bisschen was mit auf den Weg geben.“
Die Gespräche über eine Fortsetzung des Projekts in dieser Dimension laufen noch. „Wir würden es gerne fortführen“, betonte Lukas Parzych von „goolkids“, einer Initiative zur Integration und Inklusion aller Kinder. Wolfgang Heyder, Vizepräsident des Bayerischen Basketball-Verbands, kündigte an, der Verband werde ergänzend ein weniger aufwändiges Angebot auflegen, mit dem größere Reichweite erzielt werden solle.