Über 100 Jugendliche der Grund- und Mittelschule Hirschaid waren in der Regnitz-Arena an der Auftaktveranstaltung der Inklusionstage an bayerischen Schulen mit großem Eifer und viel Freude dabei, als professionelle Spieler von RSB „Thuringa Bulls“ Elxleben – mit dem Tokio-Paralympics-Teilnehmer Andre Bienek an der Spitze – demonstrierten, welche Hindernisse „Rollis“ im Alltag zu bewältigen haben und wie es sich anfühlt, Basketball im Rollstuhl zu spielen.
Die Kooperation von „goolkids“ mit dem BBV – zusammen mit dem Finanzier Sparkasse und deren Sportjugendstiftung – ermöglichte diesen „Kick-Off“, der dem Umstand zu verdanken ist, dass sich die Wege von BBV-Vizepräsident Wolfgang Heyder, der vor einigen Jahren in Erfurt als BBL-Manager wirkte, mit denen der Erfurter Bulls kreuzten, die in der gleichen Halle wie die Basketball-Profis trainierten.
Heyder stellte die durch Corona bedingte verzögerte Genese mit „Projekt ginaS“, dem Inklusionsprojekt von „goolkids“, vor und sprach von einer großen Inklusions-Herausforderung, möglichst viele Menschen mit Handicap in die Vereine zu bringen. „Im Sport geht es immer nur um Leistung. Nun wollen wir Möglichkeiten schaffen, das Thema Inklusion mit dem Sport zusammenzubringen. Wir wollen den Jungen nahebringen, wie Menschen mit Handicap Alltagssituationen meistern müssen und aufzeigen, wie Rollstuhl-Basketball funktioniert. Die Bulls sind unsere Multiplikatoren“, so der Initiator dieser Aktion, die nicht auf Bamberg begrenzt sein soll. Im Gegenteil: In jedem BBV-Bezirk soll ein derartiger Aktionstag stattfinden, flächendeckende Nachhaltigkeit wird anvisiert. Dies soll vom BBV-Landestrainer Stefan Merkl umgesetzt werden. Im Rahmen der Tour hat „goolkids“ 15 Sport-Rollstühle gekauft, so dass das Projekt dauerhaft in Schulen umgesetzt werden soll.
Sparkassen-Vorstand Thomas Schmidt bezifferte die Anschub-Finanzierung auf 33.000 Euro und stufte den Sport als „Türöffner“ ein, um das Thema Inklusion in der Gesellschaft zu platzieren: „Es geht um mehr als nur um Geld, entscheidend ist das gesellschaftliche Miteinander und das gegenseitige Vertrauen. Dieses dauerhafte Projekt ist beeindruckend und soll auch das Ehrenamt mit anschieben.“
„Die Jugendlichen haben die Fähigkeit, sich schnell auf etwas einzulassen. Nach einer kurzen Erklärung setzten sie sich schnell in die Stühle und probierten aus. Dann kamen auch viele Fragen und das Nachdenken setzte ein“, erzählte Paralympics-Teilnehmer Andre Bienek von den Bulls – Meister und Champions-League-Sieger der Rollstuhl-Basketballer – über die ersten Versuche der Hirschaider Schüler. „Nur Rollstuhl-Basketball zu zeigen, ist zu wenig. Wichtig ist das Nachvollziehen des Lebens eines behinderten Menschen. Die Hindernisse bei vielen Menschen sind im Kopf. Eine andere Einstellung ist notwendig“, hielt er ein eindrucksvolles Plädoyer für das „riesige“ Thema Inklusion: „Sensationell, dass wir nun mit unserem Projekt von Thüringen nach Bayern kommen können!“
Die Tokio-Erlebnisse des Paralympics-Siebten („wesentlich besser als gedacht, obwohl wir uns nur im Dorf frei bewegen durften“) ließen ebenfalls aufhorchen. Das über vierstündige Programm wurde jenseits des Parketts mit einer Veranstaltung unter der Leitung von Ines Popp vom Gesundheitsmanagement von „Rewe“ zur gesunden Ernährung sinnvoll abgerundet.
Eines ist sicher: Angesichts der guten Voraussetzungen und des großen Engagements der Verantwortlichen in der Zusammenarbeit Bulls/BBV wird der Hirschaider Auftakt sicher nicht als Eintagsfliege enden, sondern bayernweite Ausstrahlung haben. „Inklusion in Schulen und Vereinen leben“, fordert Heyder mit Nachdruck und er wird alles daransetzen, dass spätestens mit Jahresbeginn 2022 die Inklusions-Tour durch den Freistaat startet.
Bertram Wagner