Eine Ehre für Bayern dabei zu sein

Für den Italiener Andrea Trinchieri ist das erste Playoff-Spiel der Bayern ein ganz besonderes. Es geht in seiner Geburtsstadt Mailand gegen einen ‘Favoriten auf den Euroleague-Titel. Foto: FCBB

Es wird das insgesamt 103. Spiel der Bayern-Basketballer in der EuroLeague sein und das bisher bedeutendste überhaupt: Im sechsten Jahr sind die Münchner nun in der europäischen Eliteklasse ihres Sports vertreten, doch an der Post-Season nahmen sie bisher noch nie teil. Überhaupt steht zum ersten Mal ein deutsches Team in den EuroLeague-Playoffs – ab Dienstagabend ist Armani Olimpia Mailand Gegner der Münchner in der Best-of-five-Serie. Als Tabellenvierter der regulären Saison hat Mailand zunächst zweimal und dann auch in einem möglichen fünften Spiel gegen den – mit ebenfalls 21:13 Siegen punktgleichen – Hauptrunden-Vierten FCBB Heimrecht. Spiel zwei findet am Donnerstag ebenfalls im Mailänder Mediolanum Forum statt, am kommenden Mittwoch kommt die Serie (26.4.) dann erstmals in den Audi Dome zum Überraschungsteam von Cheftrainer Andrea Trinchieri nach München.

Spielbeginn ist bei allen Partien 20.45 Uhr, MagantaSport überträgt wie immer live. Alle weiteren Fakten im Überblick:

Der Gegner

Olimpia Mailand, mit 28 Titeln italienischer Rekordmeister, gilt angesichts seines prominenten Line-Ups als einer der Topfavoriten auf den Titel. Den höchsten europäischen Wettbewerb gewann der vom Modezaren Georgio Armani auch in Corona-Zeiten fürstlich alimentierte Traditionsklub dreimal, 1966, 1987 und 1988. Die letzte internationale Trophäe war der Korac-Cup 1993. Nach sieben Jahren Pause hat Olimpia wieder mal die Playoffs erreicht, das Minimalziel angesichts der enormen finanziellen Anstrengungen seit zwei Jahren. Der klare Anspruch indes ist die Rückkehr ins Final Four nach 29 Jahren.

Das Personal

Nachdem im Sommer 2019 der spanische Weltmeister und zweimalige EuoLeague-Champion Sergio Rodriguez (mit Real Madrid und ZSKA Moskau) neben Trainer Ettore Messina (vier EuroLeague-Titel) der wohl namhafteste Zukauf war, legte man für diese Saison noch einmal richtig nach: Center Kyle Hines (je zwei EL-Titel mit Olympiakos und ZSKA) kam mit ebenso viel Erfahrung wie der Italiener Luigi Datome, der die europäische Krone 2017 mit Fenerbahce holte. Dazu gesellten sich weitere EuroLeague-Topspieler wie Michael Roll (Maccabi), Zach LeDay (Olympiakos), der FCBB-Meisterguard von 2014, Malcolm Delaney (FC Barcelona), Shavon Shields (Baskonia) und nach Saisonbeginn noch Kevin Punter (Roter Stern), der jetzt mit 15 Punkten pro Spiel Topscorer ist.

Die Zahlen

Neben dem US-Guard Punter punkten in einem sehr tiefen und ausgeglichenen Kader auch Shields (13,5 PpS) und Delaney (10,8) zweistellig, gefolgt von Rodriguez (9,6; 4,7 ApS), Hines (8,1; 4,3 RpS) und Datome (7,6). Die größte Qualität neben sehr viel individueller Klasse – die Erfahrung – spiegeln auch diese Werte: Olimpia verliert so selten wie kein anderes Team den Ball (nur 10,9 Turnovers; FCBB 12,8), die Dreierquote von 41,6 Prozent ist die zweitbeste aller 18 gestarteten Mannschaften.

Noch mehr Zahlen

Zen-gleiche Ruhe gegen diese geballte Erfahrung käme dem nächsten Münchner Kunststück gleich: Bis auf James Gist (mit Panathinaikos) handelt es sich bei den Bayern um Playoff-Rookies, zusammengerechnet kommen sie auf 1169 EuroLeague-Partien. Bei Mailand (1983) stand allein der viermalige Champion Kyle Hines 314 Mal auf dem Parkett der Königsklasse.

Die Bayern

Die defensivstarken Bayern müssen gegen so viel Routine versuchen, ihre entsprechenden Quoten aus der Hauptrunde zu erreichen: Die den Gegnern gestatteten Werte bei den Zweiern (53,7 %, Platz 4) und Dreiern (34,7 %, Platz 2) zeugen von der bisherigen Stärke des Abwehrverbunds. Auch die 14,2 forcierten Ballverluste beim anderen Team sind ein starker Wert, die durchschnittlich 6,1 Steals sogar der drittbeste der Liga. Im Hinspiel der Runde, es war der Saisonstart, gelang dies sehr gut, beim 79:81 nach Verlängerung hatte der Gastgeber Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit den Wurf zum Sieg. Das Rückspiel war jedoch „nach drei Minuten entschieden“, erinnert sich Coach Trinchieri, 51:75 hieß nach einem verkorksten Spiel.

Die Form

Durch die kurzfristige Verschiebung des Top Four um den Pokal konnte Trinchieri neben dem Abschlusstraining am Montagabend in Mailand auch am Sonntag eine Einheit in den Plan einbauen. Beide Teams treten wohl in der aktuell bestmöglichen Formation an, nachdem die Bayern ja seit Wochen auf Kapitän Nihad Djedovic (Knie) verzichten müssen. Wie belastbar die zuletzt angeschlagenen Nick Weiler-Babb (Fuß) und James Gist (Schulter) sein werden, bleibt abzuwarten.

Olimpia wiederum kommt mit einem Sieg im Spitzenspiel der Serie A gegen den im EuroCup-Halbfinale gescheiterten Rivalen Virtus Bologna im Rücken. Beim 94:84 am Samstagabend in Mailand waren der herausragende Shields (35, 7/9 Dreier), LeDay (21/8 Rebounds) und Delaney (11) die besten Werfer des Tabellenführers.

Der gebürtige Mailänder Andrea Trinchieri, der einst in Olimpias Nachwuchsbereich begann und später auch Co-Trainer war, sagte nach der Ankunft in seiner Heimatstadt: „Diese nächste Station unserer Reise ist eine sehr schöne, denn es sind die Playoffs in der EuroLeague. Es ist für uns eine große Ehre, auf dieser Bühne zu sein. Mailands Team ist ohne Frage zusammengestellt worden und dafür gedacht, das Final Four zu erreichen. Diese Mannschaft verfügt über sehr viel Erfahrung und Qualität. Für uns wird es darum gehen, zunächst einmal in diese Serie hineinzukommen. (…) Es ist großartig, mit dieser Gruppe von Jungs, die wir haben, die Playoffs der EuroLeague zu spielen. Wir werden das Bestmögliche tun, um diese Herausforderung genießen zu können. Wir sind totaler Außenseiter angesichts des Namens der anderen Mannschaft. Sie haben Spieler mit EuroLeague-Ringen, sie haben einfach alles. Wir sollten diese Herausforderung umarmen und jeden einzelnen Moment genießen. Auch wenn zu hundert Prozent harte Momente kommen werden, da bin ich sicher. Aber wir wollen kämpfen und unser Bestes geben.“

Co-Kapitän Vladimir Lucic sagt: „Diese Mailänder Mannschaft wurde gebaut, um zumindest im Final Four dabei zu sein. Sie haben viele erfahrene Spieler, mit sehr viel Talent auf wirklich jeder Position, so dass das eine große Aufgabe für uns ist. Ihre erfahrenen Jungs haben schon so viele solcher Partien hinter sich, in den Playoffs und in Final Fours mit einigen Titelgewinnen – bei uns stand bisher nur James (Gist) in den Playoffs. Uns mangelt es also im Vergleich an Erfahrung, aber wir haben andere Qualitäten. Wir haben viele enge Spiele am Ende gewonnen und so unser Selbstvertrauen und unseren Charakter aufgebaut. Wir werden in gefährlichen Momenten keine Angst haben und ruhig bleiben.“

Nationalspieler Paul Zipser: „Wir hatten diese Saison zu Beginn ein sehr knappes Hinspiel, das wir hätten gewinnen sollen, und dann unser wohl schlechtestes Saisonspiel in Mailand, was viel mit uns selbst zu tun hatte. Natürlich ist Mailand ein sehr starker Gegner, sie haben extrem aufgerüstet. Aber jedes Team in de Playoffs bringt viel Qualität mit. Wir freuen uns auf das Duell.“

Und Geschäftsführer Marko Pesic: „Für uns sind die EuroLeague-Playoffs Neuland, wo bis auf eine Person, nämlich James Gist, die Spieler, unser Trainer und wir als Verein noch nie waren. Aber die Vorfreude im gesamten Verein ist riesengroß ist. Wir treten gegen einen Gegner an, der zu den Besten in Europa gehört. Von der Qualität des Kaders gesehen sind wir vielleicht nicht in den Top 8, doch beim Charakter gehören wir in die Top 3.“

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