Anfänge von Basketball in Deutschland
Die ersten 40 Jahre ist Basketball an Bayern wohl vorübergegangen. Die weltweite Ausbreitung der 1891 in Nordamerika kreierten Sportart lief ganz wesentlich über die Strukturen des YMCA (Young Men’s Christian Association/Christlicher Verein junger Männer) und der war im Deutschen Kaiserreich seinerzeit nicht vernetzt.
Ein singulärer Kontakt mit dem neuen Sport scheint sich lediglich in den Raum Braunschweig ergeben zu haben. Das dort quasi privat importierte Basketball wurde in einem größeren Radius aber als ausschließlicher Frauensport wahrgenommen und erfuhr dann spezifisch deutsche Abwandlungen: Eine Dreiteilung des Spielfelds, ein Korb ohne Brett dahinter – und die eingedeutschte Bezeichnung Korbball.
Von diesem ersten Berührungspunkt an entwickelte sich so ein eigener Strang zum Korbball; Basketball war im Deutschen Reich weiter nicht existent. Kennengelernt wurde es in Bayern dann vielleicht punktuell durch ausländische Einflüsse, als sich nach dem Ersten Weltkrieg und damit nach dem Ende des Kaiserreichs die kulturelle Abschottung des Landes löste.
1930 soll Carl Diem an der Hochschule für Leibesübungen in Berlin den Sport eingeführt haben. Zeitgleich lernte der Sportlehrer Hermann Niebuhr bei einer Auslandstätigkeit Basketball in Istanbul kennen und brachte seine Kenntnisse mit zurück nach Bad Kreuznach. Genannt werden außerdem noch singuläre und völlig isolierte Keimzellen des Basketballs an einer Heeressportschule in Wünsdorf unter Hugo Murero, an der Luftwaffensportschule Spandau sowie wohl in universitärem Umfeld in Gera und Breslau.
In Bayern ist in diesen Jahren noch kein Basketball belegbar. Die Legende besagt, dass es in München Anfang der 1930er Jahre Studenten aus Peru (andere Quelle: aus dem Iran) eingeführt hätten. Höchst fraglich allerdings ist die Jahreszahl und es lässt sich auch nicht rekonstruieren, ob die peruanischen Gaststudenten wirklich Initiatoren waren oder ob sie erst mit einem aufkommenden Basketball-Trend wahrgenommen wurden.
Olympia Berlin 1936 als Initialzündung
Denn ab 1936 erfuhr Basketball seinen flächendeckenden Start in Deutschland und damit in Bayern; in einem staatlich gelenkten und protegierten Programm zur Einführung und Verbreitung. Der zentrale Impuls war die am 28. Februar 1935 vom IOC beschlossene Aufnahme von Basketball ins olympische Programm – mit der Premiere ausgerechnet bei den Spielen 1936 in Berlin.
Ziel des NS-Sports war die Teilnahme als Gastgeber an allen Wettkämpfen. So verfügte Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten im Januar 1936 die Aufnahme des Basketballsports in den nationalsozialistischen Deutschen Reichsbund für Leibesübungen (DRL).
Eine eigene Organisationsstruktur wurde allerdings nicht geschaffen; vielmehr wurde Basketball dem Fachamt Handball unterstellt. Fachamtsleiter SS-Brigadeführer Richard Herrmann konnte so „dieses, unserem Handballspiele so eng verwandte Ballspiel herzlichst in unseren Reihen begrüßen“.
Bis zu den Olympischen Spielen im August `36 war freilich an eine Leistungssport-Struktur nicht zu denken. Wie es Hermann Niebuhr später in seinen Erinnerungen formulierte, habe man im Reichsamt nun „krampfhaft den deutschen Basketballer gesucht“. Die deutsche Mannschaft bildeten dann Spieler aus eben den wenigen vor `36 schon existierenden Basketball-Orten, folglich keiner aus Bayern; zumeist umgeschulte Handballer.
Das – natürlich erwartungsgemäß – schwache Abschneiden bei Olympia mit drei hohen Niederlagen verstärkte nun aber erst recht den Einsatz der Sportpolitik für den Aufschwung von Basketball. „Wir werden es zwingen, im Jahre 1940 in Tokio eine Mannschaft zu stellen, die nicht eine derartige Stellung einnimmt“, versprach Fachamtsleiter Herrmann, „Pflicht ist es für die deutsche Nation, im Basketball die Stellung zu erreichen, die ihr gebührt.“
Mit dieser Aufgabe, den deutschen Basketball bis zu den nächsten Olympischen Spielen an die Weltspitze zu bringen, würden nun „die Besten aller Besten betraut, ob aus den Vereinen, aus Partei, Luftwaffe oder Heer“, verkündete er im Fachblatt „Handball“ 1937.
Lehrgänge im gesamten Reich
Unter den Maßnahmen, Basketball populär zu machen, war die Bestellung von Hugo Murero als Fachlehrer für Basketball, der im gesamten Reichsgebiet Lehrgänge abhalten sollte, später ergänzt um Theo Clausen als Kollege. Das Fachamt Handball stellte für jeden der 16 deutschen Sportgaue eine transportable Korbanlage mit Bällen zur Verfügung und kompensierte so den Umstand, dass es noch kaum Körbe in Hallen und auf Sportfeldern gab.
Gleich 1936 noch wurde beim Reichsparteitag der NSDAP auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg ein Basketball-Demonstrationsspiel gezeigt, bei den großen nationalen Handball-Turnieren wurde jeweils ein Basketball-Spiel vorgeführt.
Fachamtsleiter Herrmann hatte verfügt, dass Handballer nicht gleichzeitig Basketball spielen dürften. Folglich zielten die Werbe-Maßnahmen für Basketball auf „das Millionenheer der den Leibesübungen noch Fernstehenden, der Gleichgültigen und Unwissenden“, wie es in einer Mitteilung des DRL hieß. Basketball sei ein Instrument, „die Reihe der Leibesübung-Treibenden zu erweitern und unsere Vereine zu vergrößern“.
Tatsächlich meldete der DRL im September 1937, dass sich die Zahl basketballspielender Mannschaften von vier auf 122 erhöht habe. Murero hatte laut DRL-Pressedienst mit seinen Basketball-Lehrgängen in einem halben Jahr in 22 Städten 676 Teilnehmer erreicht, wovon etwa 80 Prozent Anfänger gewesen seien, die bei diesen Lehrgängen das Spiel erst lernten.
Wie und auf welche Körbe damals gespielt wurde, ist schwer zu erahnen. Als Hermann Niebuhr nach seiner Rückkehr aus der Türkei 1931 beim Reichsausschuss für Leibesübungen angefragt hatte, wie es denn um Basketball in Deutschland stehe, erhielt er die Antwort, dass dieses Spiel „nicht mehr gepflegt wird“. Man würde gerade mal „in einigen Turnhallen wohl noch in einer Ecke die alten Ständer mit der entsprechenden Korbvorrichtung finden“.
Und wenn, dann war der Korb für das einige Jahre gepflegte Korbball ausgerichtet und damit ohne Brett. Diese wenigen Turnhallen waren nahezu allesamt viel zu klein für ein regelkonformes Basketballfeld. Zu großem Teil war ihr Boden nicht mal „staubfrei“, wie das die Regel forderte, sondern mit einem Gemisch aus Sand und Sägemehl belegt. Überwiegend waren sie auch für den Vereinssport gesperrt, so dass sich Vereine eigene Hallen anlegen mussten.
Auf Fußball- oder Feldhandballplätzen oder grundsätzlich jeder planen Fläche im Freien ließ sich natürlich spielen – aber auch da gab es vor der mobilen Anlage des DRL 1936 keine Körbe. Korbanlagen und Bälle waren nach dem Eintritt des Basketballs ins deutsche Sportgeschehen dann sicher im Fachhandel zu beziehen (noch in den 1950er Jahren inserierte in der Fachzeitschrift „Basket“ ein Händler in Berlin mit dem Signet „Spezialhaus für Basketball seit 1936“), aber die Aufbauphase dauerte wohl seine Zeit.
Wegen der Hallennot, die dann mit dem beginnenden Krieg noch verschärft wurde, da viele Hallen für militärische Zwecke belegt waren, widmete der DRL Basketball zum Sport unter freiem Himmel um. Im Mitteilungsblatt „Handball“ Nr. 28 von 1939 gab es eine umfangreiche Einlassung, es sei nun „an der Zeit, Basketball als Freiluftspiel zu propagieren“. Beigelegt war auch eine detaillierte Anleitung zum Eigenbau einer Korbanlage.
Schon bislang waren Spiele häufig oder meistens auf Sportplätzen ausgetragen worden, selbst das große Turnier-Ereignis beim Deutschen Turn- und Sportfest 1938. Grundsätzlich aber ist Basketball ein Hallensport, wofür der DRL nun jedoch ein Umdenken forderte, weil „Sportausübung im Freien, in Sonne und frischer Luft mehr Werte schafft“. Der Aufruf 1939: „Drum hinaus, ihr Basketballspieler, ins Freie!“
Großes Interesse in Bayern
In Bayern ist Basketball in dieser Startphase auf fruchtbarsten Boden gefallen. Mit 20 Basketballmannschaften meldete der Sportgau XVI, deckungsgleich mit dem heutigen Bayern, im September 1937 die zweitmeisten Teams in Deutschland hinter Brandenburg (mit Berlin) mit 21.
Was die Zahl der Mannschaften in Relation zur Bevölkerungszahl der Gaue aussagt, lässt sich nicht rekonstruieren; Bayern war jedenfalls der flächengrößte der 16 Sportgaue. Die meisten Gaue zählten gerade eine Handvoll Basketballmannschaften; der Gau Westfalen noch keine einzige.
Nirgendwo ist in dieser Zeit erwähnt, wie der Spielbetrieb organisiert war. Wie gehörte ein Spieler irgendeinem Verein an, gab es Spielerpässe oder Mannschaftslisten? Spätestens bei der ersten Deutschen Meisterschaft 1939 wäre dies relevant gewesen. Entweder es gab nichts dergleichen und man verständigte sich diesbezüglich auf Ansage; oder etwaig bestehende Modalitäten aus der Dachorganisation Handball wurden so geräuschlos übernommen, dass es keiner Erwähnung wert war.
1939 wurde in einer Pressemitteilung des DRL eine Zahl von etwa 5000 registrierten Aktiven genannt, 1936 sei die noch bei 50 Basketballern in ganz Deutschland gelegen. Nach den Basis-Lehrgängen in allen Gauen wurden 1937 noch vier Leistungs-Turniere angesetzt, darunter einer in München. Außerdem gab es erstmals zwei Reichslehrgänge zur Ausbildung von 60 Übungsleitern und Lehrwarten.
Wer leitete die Wettkampf-Spiele als Schiedsrichter? Nirgendwo ist von einer einschlägigen Ausbildung die Rede, keinerlei Lehrgangstermine werden genannt. Wohl gab es bei den Olympischen Spielen 1936 Schiedsrichter aus Deutschland, aber danach ist von Referees nie mehr die Rede. Zunächst leiteten offenbar Sportlehrer Niebuhr und die Reichstrainer Murero und Clausen die wenigen Spiele mit öffentlichem Charakter. Ansonsten wird man sich wohl wie allezeit beholfen haben, dass ein Begleiter oder ein Vertreter einer spielfreien Mannschaft pfeift.
Trotz der strikten Trennung der Sportarten durch die Ansage des Fachamtsleiters sorgte die gleiche Organisationsstruktur dann doch dafür, dass faktisch ein Gutteil der neuen Basketballer alte Handballer waren. Basketball-Spiele wurden in der Regel wochentags angesetzt, damit am Wochenende die Handballer dort in ihren Vereinen spielen konnten. In der Zeitschrift „Handball“ wurde 1940 dann eingeräumt: „Basketball ist nichts anderes als auch ein Handballspiel. Der gute Handballer wird mit der Erlernung des Basketballspiels nie große Mühe haben.“
Beliebter Sport bei SS und HJ
Auf breiteste Resonanz stieß Basketball im “Dritten Reich” bei den Einheiten der SS. Bei den „Sonnwendkämpfen“ 1939 brachte nahezu jede SS-Sportgemeinschaft ihre eigene Basketballeinheit mit. Diverse SS-Mannschaften wurden 1937 in den DRL aufgenommen, so dass sie in den ersten Wettkämpfen gleichrangig wie Vereine antraten.
Diese SS-Mannschaften spielten Basketball auch hinter der Front zur Truppen-Unterhaltung und als Aufheiterung für Verwundete. In einem Artikel aus dem Sport-Fachblatt der Ordnungspolizei heißt es 1943: „Gerade Basketball hat in der letzten Zeit im Rahmen der Wehrmacht und Verwundetenbetreuung bei den höchsten Dienststellen der Wehrmacht, SS und Polizei den größten Anklang gefunden.“ Auch in das Sportprogramm der „Hitlerjugend“, der Kinder-Organisation der NS, wurde Basketball zum 1. März 1939 aufgenommen.
Ein nachhaltiger Erfolg gelang den Sportfunktionären 1937 mit der Integration von Basketball in den Schulunterricht im Reich – auch wenn sich die Schulbehörden reserviert zeigten. Fußball, Handball, Hockey und Rugby sollten die deutschen Jungen lernen „und dabei harte Kämpfer werden“, formulierte ein Ministerialrat 1937 seine Abneigung gegen die Neuerung. Diese bewährten Sportarten könnten „zweifellos besser zum Kampf erziehen als das Korbballspiel, bei dem besonders der krönende Korbwurf mehr weiblichen als männlichen Charakter trägt“.
München als Keimzelle
Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat sich das rege Basketballgeschehen dieser Jahre in Bayern fast ausschließlich auf München konzentriert. Bis 1938 ist in den Verlautbarungen in der wöchentlich erscheinenden Fachzeitschrift „Handball“ kein anderer bayerischer Standort als München genannt. Gespielt wurde Basketball nach den Reichslehrgängen von Einzelnen möglicherweise auch andernorts, von Vereinen oder gar Wettkämpfen außerhalb Münchens ist jedoch nicht auszugehen.
Während der Gaufachwart in den 16 Sportgauen – nach Österreichs „Anschluss“ 17 – immer ein Handballer war, stand ihm für Basketball jeweils ein untergeordneter Gauobmann zur Seite. In München war dies 1937 Arno Sollmann, Jahrgang 1916. Er stammte aus Schlesien und hatte, wie seine beiden älteren Brüder, zunächst in Breslau Basketball gespielt.
Arno Sollmann ging 1936 zum Medizinstudium nach München. Für einen Lehrgang auf Bundesebene waren 1937 „Sollmann II“, der ältere Bruder in Breslau, und „Sollmann III“, der jüngere in München, nominiert. Extrem belebend für das Münchner Basketball scheinen jene legendenumrankte peruanischen Studenten gewesen zu sein. In einer Jubiläumsschrift des BLSV von 1955 formuliert BBV-Präsident Hugo Krüger, Basketball sei „in München von peruanischen Studenten eingeschleppt worden“.
Rüdiger Weitzdörfer, in den 1930er Jahren als in den USA geschulter Sportlehrer selbst Basketball-Pionier in Deutschland und später DBB-Sportwart, beschreibt in seiner Basketball-Historie als Münchener Initialzündung „1932 eine Gruppe Iraner, die Basketball spielten.“ Da es in diesen Jahren eine ganze Reihe von Tabellenveröffentlichungen aus München gibt, in denen immer „Peru“ oder „Peruanische Studenten“ geführt waren, nirgends aber eine Andeutung von iranischen, muss die Variante der iranischen oder persischen Studenten wohl auf einen Hör-Fehler beim Erzählen („iranisch“ – „peruanisch“) oder einen Tippfehler („persisch“ – „peruanisch“) zurückgehen.
1939, als man es wirklich noch wissen musste, dankte bei der Bayrischen Meisterschaft in der Münchner MTV-Halle Gaufachwart Röhrl „den Peruanern für ihre Pionierarbeit im München Baskettballsport und überreichte jedem Spieler zur Erinnerung das Buch der Stadt München“, heißt es in der Verbandszeitschrift „Handball“.
Auch wenn die Peruaner ihren bayerischen Kommilitonen offenbar voraus waren – einen Platz, Körbe und Gegner brauchten sie auch. Das lieferte wohl die Münchener Universität, wo die Peruaner wohl auf den aus Breslau „Zuagroasten“ Sollmann trafen. Eine Münchner Universitäts-Mannschaft, der Sollmann wie auch mehrere peruanische Studenten angehörten, bestritt 1937 diverse Wettkämpfe, so gegen den „Club Universite“ Paris oder in Aachen.
Erster Wettkampf, erste Vereine
Ein erstes Turnier in München fand 1937 in der MTV-Halle an der Häberlstraße statt mit der Heeresschule Münsdorf, zwei Mannschaften der Hochschule München, dem TSV Jahn München, einer bulgarischen Studentenmannschaft, wobei nicht benannt ist, ob dies eine ausländische Gastmannschaft war oder sich ebenfalls aus der Uni München rekrutierte, und den Mannschaften der Luftgaureserve XIV und des Luftsportverbands XIV.
Über den TSV Jahn München wird im „Handball“ Nr. 17 von 1937 angemerkt, er habe als einziger Münchner Verein „bisher eigentlich stärkere Neigung zu besonderer Pflege des Basketballspiels gezeigt“. In der Vereinschronik des Jahn wird die Gründung einer Abteilung Basketball mal auf 1936, mal auf 1937 datiert. Bei der Handball-Abteilung soll sogar schon seit 1933 Basketball gespielt worden sein.
Auch der MTSV Schwabing vermeldet zwei verschiedene Gründungsdaten auf der gleichen Seite seiner Chronik, mal 1935, mal 1936. Die Münchner Nachbarn dürften damit Bayerns älteste Basketballvereine sein. Der MTV München 1879 dürfte nicht viel später nachgezogen haben. Eine „eifrige Pflegestätte“ gefunden habe der Basketball in München bis 1937 ansonsten bei NS-Fliegerkorps und Luftgaureserve XIV, heißt es damals.
Die grundlegenden Lehrgänge, zu denen Reichsbundlehrer Murero durch alle Sportgaue getourt war, fanden 1937 ihren Abschluss „in der Hauptstadt der Bewegung“, wie München im Dritten Reich firmierte. Zu seinem dreitägigen Lehrgang gab es nach Bericht in der „Handball“-Ausgabe Nr. 29/1937 Andrang, der alle Erwartungen übertroffen habe. Bei 40 Anmeldungen musste der Kurs sogar geteilt werden.
Mehrere neue Basketball-Vereine seien dabei aufgetreten, genannt werden RTV Laim, Luftwaffen-SB Neubiberg, Turnerbund München und Kriegsschule München. Die peruanischen Studenten seien im TSV 1860 München zusammengefasst worden, eine Konstruktion, von der man davor und danach allerdings nie wieder hörte.
Bei den Lehrgängen hätten die Münchner „mit größtem Eifer und mit schönstem Erfolg geübt“, das Ziel, „den Spielern Liebe und Freude zum Basketballspiel zu geben, ist voll und ganz erreicht worden“. Und es sei auch „manches Talent bei dieser Gelegenheit entdeckt worden“.
Es sei „schon verblüffend gewesen, wie rasch sich das Basketballspiel in München durchsetzen konnte“, lobte „Handball“. Dies sei das Verdienst der „unermüdlichen Arbeit der Münchner Hochschule und vor allem des ihr angehörenden Fachwartes für Bayern, Arno Sollmann“.
Mit dem großen Lehrgang nahm Sollmann allerdings seinen Abschied als Gauobmann für das Basketballspiel; er müsse sich ganz seinem Studium widmen. „Handball“ würdigte: „Arno Sollmann hat in den etwa sieben Monaten, da er in München mit der Einführung des Basketballspieles begann, eine Leistung vollbracht, die niemand für möglich gehalten hätte. Aus dem Nichts heraus baute er das Spiel bei uns auf, führte große Werbeveranstaltungen durch und hatte mit seinem Unternehmungsgeist den Erfolg voll auf seiner Seite.
Daß heute München im Basketball in der Breitenarbeit wie auch in der Leistungshöhe bereits eine sehr achtbare Rolle im deutschen Basketball spielt, das danken wir zuerst Arno Sollmann, und das werden wir ihm nie vergessen. Mit beispielloser Hingabe hat er sich seiner Aufgabe gewidmet, die anfangs geradezu unlösbar erscheinen mußte, hat er die mannigfaltigen Schwierigkeiten überwunden, die sich ihm entgegenstellten.“
Aktiv auf dem Feld blieb Sollmann ungeachtet des Studiums, für ein National-Turnier in Paris im gleichen Jahr war er schon wieder nominiert. Sein Nachfolger als Gauobmann Basketball für Bayern wurde Kamerad Kühnel vom MTSV Schwabing.
1938 wurde eine erste Münchner Stadtmeisterschaft ausgetragen. Im Endklassement lagen Schwabing und Jahn mit je 12:4 Punkten an der Spitze, weiter beteiligten sich MTV München, eine SS-Sportgemeinschaft München, Turnerbund München sowie außer Konkurrenz eine Mannschaft „Peruanische Studenten“. Das NS-Fliegerkorps hatte gemeldet, aber im Lauf der Runde zurückgezogen. Im Fachblatt wird gerügt, dass die Meisterschaft „unter einer nicht den Anforderungen genügenden Leitung gelitten“ habe, sprich andauernden Spielabsagen und -verschiebungen.
Die Uni-Auswahl München sorgte 1938 für ein Novum, indem sie der Vertretung der Heeressportschule Wünsdorf, wo schon seit Jahren die Basketball-Elite des Landes zusammengezogen war, deren erste Niederlage überhaupt beibrachte. In der Uni-Auswahl standen Regel, Richards, Schreck, Arno Sollmann, Hausbrandt, Dörr und die mutmaßlichen Peruaner Razetto, Iglesias und Bonicelli. Sollmann und Hausbrandt (Schreibweise in den Quellen mal mit, mal ohne -t am Ende) wurden auch im gleichen Jahr zu einem Spitzenspieler-Lehrgang in Berlin berufen.
Anvisiert war für 1938 ein Städtewettkampf zwischen München und Prag sowie ein Gastspiel von SV „Kalev“ Reval auf dessen Europa-Tournee in München. Für Mai 1939 war ein Städteturnier in München mit Mailand, Genf und Straßburg geplant. Ob diese Spiele auch stattgefunden haben, ist nicht überliefert.
Turn- und Sportfest 1938 in Breslau
Das bisher größte Basketball-Ereignis auf deutschem Boden in Deutschland wurde ein Turnier mit 34 Mannschaften beim Deutschen Turn- und Sportfest in Breslau 1938. Aus Bayern hatten die weite Reise angetreten MTSV Schwabing, TSV Jahn München, MTV München und die SS-Sportgemeinschaft München. Gespielt wurde im Freien.
Die Verbandszeitschrift „Handball“ bilanzierte, dass sich tausende Zuschauer „verwundert fragten, warum man von einem derartig schönen Spiel, das soviel herrliche Momente charakterlicher und körperlicher Schulung in sich birgt, bisher nur so wenig gehört hat“. Schwabing in der Besetzung mit den Brüdern Krug, Böhme, Pleischack, Heis und Herforth erreichte nach 29:13 gegen Alt-Turm Wien, 31:3 gegen VfB Klotziche und 23:18 gegen TSV „Marathon“ Hannover das Halbfinale, wo man 17:32 dem späteren Turniersieger MTV Wünsdorf unterlag. Nach einem Regenschauer wurde dieses Spiel in der Halle ausgetragen.
Jahn München gewann mit den starken Deutsch-Amerikanern, den Gebrüdern Morgan, und „Sollmann III“ im Team 29:18 gegen die Schützengesellschaft Jena und schied dann mit 23:25 n.V. gegen MSV Rosenthal aus. „Sollmann II“ war beim Turn- und Sportfest beim Städtischen SV Breslau im Einsatz.
Der MTV München unterlag 12:16 gegen TSV „Marathon“ Hannover, die SS-Sportgemeinschaft München 16:24 gegen den MSV Rosenthal. Als Schiedsrichter aus München war Josef Regiert von Jahn München im Einsatz.
Hatte Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage am Rande der Großveranstaltung 1936 das wohl erste Basketballspiel auf bayerischem Boden gesehen, so gab es dort bei den „NS-Kampfspielen“ 1938 erneut ein Turnier.
Reichstrainer Theo Clausen hielt 1938 weitere Lehrgänge in München. Kreisspielwart Regiert plante in allen Kreisen des Gaus Basketball-Kurse. Ein erster in Augsburg scheint stattgefunden zu haben, ob und gegebenenfalls wo es weitere Maßnahmen zur Verbreitung des Spiels gab, ist nicht bekannt. In der bayerischen Gaumeisterschaft 1938/39 trat mit einer SS-Einheit Bad Tölz erstmals ein Team von außerhalb Münchens an.
Deutsche Meisterschaft 1939 in Hamburg
Am 15. und 16. April 1939 wurde in Hamburg die erste Deutsche Meisterschaft ausgetragen, in der Halle. Aus 206 Wettkampfmannschaften im Deutschen Reich waren 17 Gaumeister ausgespielt worden, die dann in vier regionalen Turnieren vier Endrundenteilnehmer ermittelten. Am 1. und 2. April traten dazu in München „Prag“ Stuttgart, Reichsbahn Mannheim und die SS-Mannschaft Wiens gegen den bayerischen Gaumeister TSV Jahn München an. München siegte souverän 24:5 gegen Mannheim und im Finale 26:16 gegen Wien.
Beim Finalturnier in Hamburg unterlag der TSV Jahn gegen TV Kreuznach 21:29 und dann im Spiel um Platz 3 dem Eimsbütteler TV in der Verlängerung. Erster Deutscher Meister wurde der LSV Spandau.
Mit dem Aufbau des Basketballs bis zur Struktur einer Deutschen Meisterschaft sah Fachamtsleiter Herrmann die „Grundlagen im Männer-Basketball geschaffen“ und rief nun neue Ziele aus. 1939 ordnete er eine „Intensivierung der Werbung des Frauen-Basketballsports“ an.
Dem Appell des Reichsfachamtsleiters hatte München offenbar schon vorgearbeitet. In der Sommer-Spielrunde 1939 gab es eine Frauen-Staffel mit acht Mannschaften. Zu den bewährten Teams von Schwabing und Jahn, die mit zwei und drei Mannschaften antraten, gab es nun ein Damenteam der Universität München, ein Team des BDM, der NS-Organisation „Bund Deutscher Mädel“, und ein sogenannter Untergau München.
1941 lobte das Mitteilungsblatt: „Die Hauptstadt der Bewegung gehört zu den wenigen Städten, in denen Basketball schon einen reichen Nährboden gefunden hat und auch von den Frauen mit Vorliebe gespielt wird.“
Die Sommerrunde 1939 bei den Männern wurde mit 15 Mannschaften in drei Staffeln ausgetragen. Neu dabei waren die Polizei-Offiziersschule Fürstenfeldbruck und eine Mannschaft chinesischer Studenten. Die Leitung hatte der neue Kreisobmann Konz, als Gauobmann wird übrigens wieder Arno Sollmann genannt.
Auch im Kreis Augsburg soll es 1939 eine Sommerrunde mit sechs Mannschaften gegeben haben. Davor wurde dort ein erstes Turnier mit nur Augsburger Mannschaften ausgetragen: TV und TSV Augsburg, Flak-Stammbatterie und Reichsbahn-TSV. Alle vier Mannschaften hatten vorab gemeinsam trainiert unter Leitung von Kreisobmann Kühnel, der freilich Münchner war. Turnier-Schiedsrichter Böhme kam ebenfalls aus München.
Im Spielbetrieb um die bayerische Gaumeisterschaft standen dann der Turnerbund München, eine Mannschaft namens „Deckel“, wahrscheinlich eine Betriebssportgemeinschaft, MTV München, Polizei München, Schwabing, Jahn München, der amtierende Gaumeister, und die Polizeischule Fürstenfeldbruck. Dort wurde durch die Fachzeitschrift „Handball“ eine „besondere Förderung des Basketballspieles“ gerühmt. Es gab ein Werbeturnier mit einem „hübschen Ehrenpreis“ des Kommandeurs.
Internationaler Rückzug
Noch bevor die Kriegsereignisse Sport in Deutschland ohnehin obsolet machten, erhielt der rasante Aufschwung des Basketballs aber noch einen jähen Dämpfer, der auch schon geeignet gewesen wäre, die Entwicklung nachhaltig abzuwürgen. Erstes Zwischenziel auf dem ausgerufenen Weg zur Weltspitze bei Olympia 1940 sollte die Europameisterschaft 1939 in Litauen werden. Doch im Vorfeld gab es regelmäßige Niederlagen in Testspielen – mit dem Tiefpunkt eines 10:50 im März 1939 gegen Polen.
Ausgerechnet Polen, für dessen Unterwerfung die Kriegspläne schon gezeichnet waren! Nach diesem so heiklen Debakel zog der DRL die Meldung zur Basketball-EM zurück, alle bereits terminierten Länderspiele wurden abgesagt. Als dann auch noch Basketball aus dem Programm der Olympischen Spiele 1940 gestrichen wurde, kehrte der deutsche Basketball dem internationalen Sport den Rücken.
Der heimische Spielbetrieb setzte sich jedoch ungeachtet der veränderten politischen Großwetterlage fort. „Basketball lebt!“ betonte die Verbandszeitschrift „Handball“ 1941 und lieferte dazu eine Anekdote aus dem Krieg: Bei der Eroberung Polens habe man so viele Basketballkörbe in nahezu jedem Dorf vorgefunden, dass die deutschen Landser „in den wenigen Ruhestunden in Ermangelung eines Balles doch wenigstens mit dem Stehlhelm versuchten, durch den Ring zu werfen“.
1940 wurde der MTSV Schwabing Münchner Meister bei Herren und Damen. Tabellenerster bei den Herren wären freilich die – immer noch präsenten – Peruanischen Studenten gewesen, die aber außer Konkurrenz antraten. Auf den Plätzen folgten Jahn, MTV, Turnerbund. Bei den Damen gewann Schwabing vor der BDM-Truppe. Erstmals gab es eine Jugend-Meisterschaft, die von HJ-Teams ausgetragen wurde. 1941 wurde noch bei Schwabing, Post und Jahn Basketball gespielt, dazu nahm Bad Tölz am Spielbetrieb teil.
In Bad Tölz zog auch Reichstrainer Murero sein Team für ein Länderspiel gegen Italien in Triest zum Vorbereitungslehrgang zusammen. Nominiert war der Nachwuchsspieler Kronenberger (Schwabing). Das Rückspiel gegen Italien am 2. März 1941 fand als erstes Länderspiel auf bayerischem Boden in München statt, in der laut Fachzeitschrift „ganz besonders geeigneten“ MTV-Halle. Im Kader standen Dr. Sollmann (Jahn, jetzt mit abgeschlossenem Medizinstudium), Böhme und Kronenberger (beide Schwabing).
Am Vorabend des Länderspiels gab es einen Städtevergleich München-Triest, der 25:39 endete. Die Münchener Farben vertraten Gerhard Böhme, Albert Krug, Pollinger, Konz, Strömel, Markus Bernhard, Reisinger und wieder das peruanische Trio Dr. Razetto (mittlerweile auch promoviert), Iglesias, Bonicelli.
1942 fand noch ein Länderspiel in Ungarn statt, die Vorbereitung wurde in München abgehalten, unter anderem mit einem Testspiel gegen eine Stadtauswahl. Im deutschen Team stand Bernhard (Schwabing). Im Januar 1942 gab es ein Turnier der drei besten – oder einzigen noch spielfähigen? – Münchner Mannschaften. Im Februar fand eine Städte-Vergleichskampf zwischen München und Augsburg statt. Auch Rundenspiele soll es 1942 in München noch gegeben haben.
Von einem Spielbetrieb ist angesichts des fortschreitenden Kriegsgeschehens, den hohen Verlusten und der beginnenden Bombardements deutscher Städte dann nichts mehr zu hören. 1943 gibt das Organ „NS.-Sport“ noch Regeln zur „Einordnung des Sports in die totale Kriegführung“ heraus. Darin wird unter anderem die bisherige Gauklassen-Einteilung aufgehoben. Der Spielbetrieb solle aber „belebt und gefördert“ werden, etwa durch zwei Meisterschaftsrunden pro Jahr.
1943 wird noch von HJ-Turnieren in München und Augsburg berichtet, dann endet das gerade mal rund sieben Jahre blühende Basketball in Bayern wieder.
Schon 1945 ging’s weiter
Zweifellos fielen viele der seit 1936 im Basketball Geschulten im Weltkrieg oder verschwanden für unterschiedliche Zeiten in Kriegsgefangenschaft. Und vorrangige Hauptthemen waren nach 1945, nicht zu verhungern, eventuell vermisste Angehörige zu finden, ein Dach über dem Kopf zu haben und irgendwie eine Existenz aufzubauen.
Trotz des nur kurzen Aufblühens für ein paar Jahre nach 1936 war Basketball aber sofort wieder präsent. Die bestehenden Vereine spielten weiter, so bald und so gut es eben möglich war. Im völlig zerbombten München war die Hallensituation freilich noch fataler als ohnehin schon; selbst viele gewohnte Freiplätze dürften anhand der Schäden und des allgegenwärtigen Schutts nicht wieder nutzbar gewesen sein.
Für den August 1946 war im ersten erhaltenen Dokument nach 1945 der Start einer Herbst-Meisterschaft ausgeschrieben und dabei wird erwähnt, dass es nun „nach fast dreieinhalbmonatlicher Pause“ wieder weiter ginge; folglich muss auch im Winter 1945/46 schon gespielt worden sein.
Der große Neustart-Vorteil für den bayerischen Basketball war es, dass Bayern im amerikanisch besetzten Sektor lag. Bei den GI’s war Basketball die Basis ihrer Freizeitbeschäftigung, die Affinität der Besatzungsorgane zum Basketball war ungleich höher als in den anderen Zonen. Pferdefuß war allerdings, dass die wenigen – und natürlich insbesondere die besseren – Hallen nun auch noch für den US-Sport geblockt waren.
Es gehört zu den prägnantesten Bildern jener Zeit, dass im Münchner Bürgerbräukeller, wo kurz zuvor Adolf Hitler noch vor kriegslüsternen Volksgenossen seine mörderischen und hasszerstörten Reden schrie, nun US-Soldaten Basketball spielten. Der Saal war kurzerhand zur Basketball-Halle umfunktioniert worden.
Die Aussperrung von den guten Hallen wurde aber sicher locker aufgewogen durch die sonstigen Vorteile durch „die Amis“ für Basketball; jederzeit ein offenes Ohr für Basketballvereine, hier und da mal ein übriger Basketball oder Sportschuh, mal mitmachen beim Training der GI’s… Beispielhaft berichtet die Zeitschrift „Der Basketball-Sport“ 1950, dass sich in München ein amerikanisch/deutsches Sportkomitee organsiert habe, dessen Augenmerk besonders dem Basketball gelte. Dort seien „dank des Entgegenkommens der amerikanischen Stellen unseren Basketballspielern Geräte, Bälle, Trainer und auch Hallen zur Verfügung gestellt worden“ und nun gab es sogar eine gemeinsame Trainingsrunde.
GI und DP
Im aufkommenden Spielbetrieb wurden amerikanische Soldaten dann auch in die Vereine eingegliedert. Es dürfte in den Jahren der Besatzung jenseits von München und Augsburg nur sehr, sehr wenige bayerische Standorte gegeben haben, wo Basketball nicht von den US-Besatzern eingeführt oder vorangebracht worden wäre. Eine Karte der Neugründungen von Basketball-Abteilungen in den 1950er und beginnenden 1960er Jahren wäre in Bayern wohl weitgehend deckungsgleich mit der Struktur der amerikanischen Besatzungsarmee.
Weiterhin befruchtet wurde der Basketball in ganz Deutschland durch die große Zahl von Flüchtlingen und sogenannten „Displaced Persons (DP)“, Menschen, die im Krieg entwurzelt wurden, die aber nicht in ihre einstige Heimat zurück konnten, durften oder wollten. Neben Juden aus ganz Europa, von denen viele ihre Ausreisemöglichkeit nach Palästina als „DP“ abwarteten, gehörten dazu vor allem einstige Soldaten aus jetzt sowjetisch besetzten Nationen, die mit der deutschen Wehrmacht kooperiert hatten oder dazu gezwungen worden waren. Darunter waren viele Balten, die vor dem Krieg die führenden Basketball-Nationen in Europa waren.
Der TuS Bad Aibling beispielsweise verdankt die Gründung seiner Basketball-Abteilung schon 1949 wesentlich dem nahen „DP“-Lager Mietraching. Weil von da viele Basketballer `rüberschauten, „montierte Manne Antretter in der alten Jahnturnhalle die ersten Bretter mit Ring“, heißt es in der Vereinschronik, „und obwohl die Regeln noch nicht bekannt waren und der Ofen am Spielfeldrand störte, fand die neue Sportart sofort reges Interesse und großen Zulauf.“
In München beteiligte sich an der Spielrunde 1946/47 ein Team „Unrra“, zweifellos von der gleichnamigen Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen; wahrscheinlich handelte es sich da um „DP“.
In den ersten Jahren des Verbandsgeschehens war es die wiederkehrende zentrale Frage, wie mit den Ausländern in den Ligen, den amerikanischen GI’s und den osteuropäischen „DP’s“, umzugehen ist: unlimitierter Einsatz, kompletter Ausschluss oder Zusammenfassung in Ausländer-Mannschaften? Diese Modelle wurden rauf und runter diskutiert und mit wechselnden Stimmungen und Mehrheiten wechselnd entschieden.
Entnazifizierung und Wiedergutmachung
Eine zentrale Aufgabe war die nötige Entnazifizierung der Sportvereine und -organisationen. Wie im beruflichen Leben stellte sich auch im Sport das Problem, dass bei konsequenter Umsetzung das Sportgeschehen kaum mehr funktionsfähig gewesen wäre. Auch die Sportverbände waren gleichgeschaltet und rigoros der NS-Partei-Struktur unterworfen, so dass quasi jeder Spielleiter „belastet“ war.
Der BLSV informierte Anfang 1946, dass „grundsätzlich daran festgehalten werden muß, daß Mitglieder der Partei oder deren Formationen unter gar keinen Umständen irgendeine Funktion im Verein ausüben dürfen“. Allerdings wurde um Definitionsfragen gerungen, etwa ob auch „technische Funktionäre“ als Parteifunktionen zu gelten hatten. Ehemaligen Mitgliedern der NSDAP und ihrer Gliederungen war es auch explizit „nicht gestattet, die Funktion eines Schiedsrichters zu übernehmen“.
Es gab dann in der Anwendung die skurrile Regelung, dass in Vereinen nur maximal 25 Prozent der Mitglieder in den Belastungsgruppen 3 bis 5 laut Entnazifizierungsgesetz eingestuft sein dürften, also „Minderbelastete“ bis „Mitläufer“. Der BLSV lieferte aber gleich den praktikablen Wink mit, sich im Zweifel mit anderen Vereinen zusammenzuschließen, damit der Prozentsatz sinke…
Gerügt werden musste auch, dass politisch belastete Funktionäre, also aus den Belastungsgruppen, die zu Sperren führten, „zwar offiziell zurückgetreten sind, im Hintergrund aber trotzdem die Leitung in den Händen behalten, Anweisungen erteilen und sogar noch Sportvereine leiten“. Das müsse „unter allen Umständen“ abgestellt werden und „eine weitgehendste Säuberung der Vereine vorgenommen und jeder nationalsozialistische Einfluß vom Sport ferngehalten werden“.
Im Juni 1947 erging die Ausführungsbestimmung, dass die Erlaubnis an „politisch belastete Personen“, als Jugendleiter tätig zu sein, nur „mit besonderer Sorgfalt“ vergeben werden dürfe. Wer „nur formell belastet“ wäre, könne amtieren, nicht aber „Träger von Naziideen“. Und wer im Dritten Reich minderjährig war, dürfe jetzt nur Jugendleiter werden, wenn er in der Hitler-Jugend „nicht höher gestellt war als Scharführer“.
Wie der alte Ungeist aber wahrscheinlich gerade in verschworenen Gemeinschaften wie Sportvereinen überdauert hat, zeigt ein anrührender Appell des BLSV vom Februar 1947. Man erhalte „immer wieder Klagen von alten Sportfreunden, die aus rassischen oder politischen Gründen als Mitglieder aus den Vereinen ausgeschlossen wurden, daß sich ihre ehem. Vereine nicht um sie und ihr Schicksal kümmern“. Der Verband appelliere daher an die Vereine, „im Sinne der Wiedergutmachung von sich aus die ehemals Verfolgten wieder zur Mitgliedschaft einzuladen und sich nach ihnen zu erkundigen“.
1949 schließlich konkretisierte die Militärregierung, dass „Minderbelastete“ Vereinsämter übernehmen könnten, wenn der Spruchkammer-Bescheid keine anderslautenden Auflagen enthalte. „Mitläufer“ der Gruppen 4 und 5 könnten hingegen „ohne weiteres“ einem Sportverein beitreten und Vorstandstätigkeit übernehmen.
Sparte im BLSV
Es fehlte generell an allem. Für die Erstellung von Spielerpässen oder als Büromaterial rief der BLSV seine Vereine zur Abgabe von Altpapier auf. In einer „Tauschecke“ in den „Amtlichen Sport-Mitteilungen (ASM)“ des BLSV, dem Vorläufer des „Bayernsport“, wurden gebrauchte Sportutensilien getauscht; 1947 taucht sogar ein alter Basketball auf, der angeboten wird im Tausch gegen einen Handball.
Die Sportorganisation war rasend schnell wieder im Aufbau. Am 18. Juli 1945, 79 Tage nach der Besetzung Münchens durch US-amerikanische Truppen und 71 Tage nach der Kapitulation des Deutschen Reiches, gründete sich bereits wieder ein Bayerischer Landessportverband in München.
Diese Organisation verstand sich damals nicht als Dachverband, vielmehr als unmittelbare Einheits-Vertretung des gesamten Sports. Die zunächst 23 einbezogenen Sportarten waren Sparten des BLSV, eigene Fachverbände gab es nicht. Selbst das traditionsreiche Turnen und das mit Abstand populärste Fußball reihten sich als BLSV-Sparten ein – und Basketball war auch dabei.
Der erste Informationsbrief des BLSV, der am 23. Juli 1946 erschien, gab bekannt, dass sich seit Juli `45 bereits 1350 bayerische Vereine mit rund 165.000 Mitgliedern dem Verband angeschlossen hätten. Die erste Mitteilung der Sparte Basketball darin tat kund, dass mit der Spartenleitung Dr. Angel. Naidenoff aus der Isartalstraße in München beauftragt worden sei. Alle Basketball – und Korbball! – spielenden Vereine wurden aufgefordert, ihre Adressen dem BLSV zu melden.
Angel Naidenoff – mit dem Punkt ist eventuell eine längere Form des Vornamens abgekürzt – war damit der erste Vorsitzende einer freien bayerischen Basketball-Organisation! In der Chronik des MTSV Schwabing ist erwähnt, dass er Bulgare gewesen sei; offenbar hatte er an der Universität München studiert und promoviert, hatte so die Münchner Aufbauphase der 1930er Jahre befruchtet und war offenbar hier sesshaft geworden. Eventuell gehörte er jener bulgarischen Studentenmannschaft an, die 1937 beim ersten Basketball-Turnier in München erwähnt worden war.
Am 9. August 1946 sollte die Herbst-Meisterschaft mit den Spielen MTV gegen München Ost, MTV II gegen Schwabing II und bei den Frauen mit MTV gegen Schwabing starten. „Zwecks Ausstellung der Spielerpässe“ werden im BLSV-Informationsbrief Nr. 3 die Vereine gebeten, alle Daten ihrer Spieler zu melden. Später wurde veröffentlicht, dass ab 15. Oktober 1946 für Wettkampfspiele „Paßzwang“ herrsche. Schiedsrichter wurden zeitgleich angewiesen, „im Trikot und nicht in Zivil auf dem Spielfeld zu erscheinen“.
Auch „Spielwertungsformulare“ waren nun vorhanden, sie mussten von den Mannschaften bei Bedarf in der BLSV-Geschäftsstelle im Münchner Ruffini-Block im Rosental abgeholt werden. Und ab November 1946 gab es sogar ein gedrucktes Regelwerk. Der Neudruck konnte für 0,50 Reichsmark beim BLSV erworben werden.
Noch 1947 musste allerdings für den Spielbetrieb darauf hingewiesen werden, „daß jeder beteiligte Verein die allgemeinen Spiel-, Sperr-, Straf- und SR-Bestimmungen anerkennt und“ – wichtiger Zusatz! – „sie auch beachtet“. In den „ASM“ war für den kompletten Sportbetrieb als regelmäßiger Hinweis herausgestellt: „Ruhe und Ordnung ist das erste Gebot für jeden Spieler und Sportplatzbesucher“.
Spruchkammer und Spieleinnahme-Abgabe
Im September 1946 präzisierte das der BLSV in einem „offenen Wort“. Kampfgeist in allen Ehren, hieß es da, „doch wenn dabei ein Sichaustoben dem anderen Sportfreund gegenüber zur Regel wird“, so müsse man das radikal abstellen. „Ist nicht in den letzten Kriegsjahren genügend grausam und blutig gekämpft worden“, heißt es in dem Appell weiter, „auch an ‚Umlegen‘ hat es nicht gefehlt. Es ist jetzt Kriegsende und es muß auch Kriegsende mit einer Spielweise werden, die das Ansehehen unserer Sportmoral auf das schwerste schädigt.“ Wohlgemerkt, dieser Rüffel war nicht auf Basketball gemünzt, sondern pauschal an alle Sportler gerichtet; einen Eindruck mag er dennoch vermitteln.
Die Sparte Basketball gab sich auch eine Rechtsinstanz, die sogenannte Spruchkammer. Ihre ersten veröffentlichten Urteile in der Besetzung Dr. Reiner, Regiert, Erlacher Mitte 1947 gingen um die Ahndung von Spielabsagen und in einem Fall um „grobe Tätlichkeit“, die mit drei Monate Spielsperre bestraft wurde. In einem weiteren Fall erhielten drei Spieler für „undiszipliniertes Verhalten“ gegenüber dem Schiedsrichter je „eine strenge Verwarnung“.
Dem Spielbetrieb ebenfalls auferlegt war eine „5prozentige Spieleinnahme-Abgabe“. Dieser Obolus sollte monatlich an die Sparte Basketball im BLSV abgeführt werden. Sie diene „ausschließlich zur Finanzierung unserer Sparte“, informiert die Spartenleitung im September 1946 in den „ASM“. Für die Abrechnung könnten die Formblätter der Sparte Handball verwendet werden, wo es diese Gebühr offenbar auch gab. Und es sei „Ehrensache für jeden Verein, dieselbe gewissenhaft abzuführen“.
In Augsburg gab Rudi Seßler 1949 einen 14tägig erscheinenden „Basketballtrainer“ heraus. Die 7 oder 8 Seiten zu 30 Pfennig sollten gesammelt werden, empfahl der DBB, und könnten dann „ein kleines Nachschlagewerk über Basketballfragen sein“. Auch „vorschriftsmässige Basketballhosen“ vertrieb Seßler „in allen Farben und Grössen“. Das Stück kostete 5 D-Mark, Selbstkostenpreis.
Eine Halle für alle
Der Sparte Basketball im BLSV oblag es auch, die Belegungszeiten der offenbar einzigen Basketball-Halle zu vergeben. Das war die Halle des Theresien-Gymnasiums am Kaiser-Ludwig-Platz in der Ludwigsvorstadt. Im September musste der im August gestartete Spielbetrieb schon wieder unterbrochen werden, weil der FC Bayern München Alleinansprüche auf die Halle durchgesetzt hatte; wie und warum auch immer.
Am 20. November konnte der Spielbetrieb weitergehen. Der FC Bayern nutzte die Halle nun Montag und Dienstag Abend sowie Sonntag Vormittag. Am Mittwoch trainierte dort 90 Minuten der MTSV Schwabing und anschließend der TSV 1860, am Donnerstag der TSV Jahn und dann die Universität und am Freitag der TSV Ost und dann der MTV. Samstag und Sonntag Nachmittag fanden dort alle Punktspiele statt.
1948 wurden als neue Mitglieder im Basketball die „Freie Deutsche Jugend (FDJ)“ und der Jüdische Akademische Sportclub aufgenommen und damit mussten auch ihnen Hallenzeiten im Theresien-Gymnasium zugestanden werden; man schränkte sich noch weiter ein.
Im Bericht an den DBB 1949 schreibt Bayern, dass in München 80 Prozent der Hallen „durch Kriegseinwirkung zerstört“ seien. Darunter leide insbesondere die Breitenarbeit. Aber „jede wiederhergestellte Halle findet im entsprechenden Ansteigen der Zahl der Spieler ihren Spiegel.“ 1950 wird gegenüber dem DBB wiederholt, dass „entweder Vereinshallen noch nicht aufgebaut oder die sonst spielfähigen Hallen von den Amerikanern belegt sind“.
Auf dem Land wurde improvisiert. In Schrobenhausen stand der zur Heizung der Halle nötige Bollerofen so nah am Spielfeldrand, dass es bei einem geeigneten Schubser ganz schöne unangenehme Berührungen geben konnte. In Traunreut wurde eine Sporthalle in einer ehemaligen Kirche eingerichtet.
Als einer der oberbayerischen Basketball-Pioniere, Jörg Prantl, 1955 nach Wasserburg kam, fand er dort als einzige Betätigungsmöglichkeit einen, wie er sich ausdrückte, „für den Denkmalschutz geeigneten Kniebeugeraum aus Turnvater Jahns Zeiten“. Die Körbe waren an Gerätestangen montiert, um die herum die Zuschauer standen, so dass ein kleiner Ruck der Fans an diesen Stangen oft mehr bewirkte als die engagierteste Verteidigung… Eine Auslinie fehlte in der Halle auch, die Regel lautete: Aus ist, wenn der Ball an der Wand landet.
Eine bundesweite Statistik, die der BLSV 1951 veröffentlichte, besagte, dass in München 179 Vereine Sport trieben, für die 844.600 Quadratmeter Sportflächen zur Verfügung stünden. Damit hätte statistisch jeder Münchner Sportler 14 Quadratmeter Sport-Fläche zur Verfügung; ein inhaltlich abstrakter Wert, aber als Vergleichsgröße signifikant: Sportlern in Köln, Frankfurt oder Stuttgart stand demnach rund die dreifache Fläche zur Verfügung. Weniger Raum als in München hatten Sportler in größeren Städten nur in Dortmund, Essen und Wiesbaden. Auch in Nürnberg und Augsburg stand mit je 44 Quadratmetern Sportfläche ein 1951 sehr üppiger Wert zur Verfügung.
Noch 1946 hatte der MTSV Schwabing einen vereinseigenen neuen Freiplatz eröffnet mit einem Turnier „sämtlicher Vereine von München und Augsburg“. Auch die TS Jahn München – mittlerweile aus dem alten TSV mit der Turnerschaft fusioniert – legte an der Widenmayerstraße einen neuen Freiplatz in Eigenleistung an. „Alles hamma uns z´sammgstoin“, erinnerte sich Basketball-Legende „Jacky“ Knerr, der 1947 bei den Jahnlern mit Basketball begann, später daran.
Als erste der im Weltkrieg zerbombten Münchner Vereinshallen war die Halle des MTSV Schwabing an der Ursulastraße im Dezember 1951 wieder nutzbar. Die 1901 gebaute Halle hat bekanntlich einen kleinen Konstruktionsmangel: weil im Nordwesten ein Haus schräg angrenzt, läuft die Wand durch das Spielfeld, wodurch das Feld fünfeckig ist; Drei-Punkte-Linie und Mittelkreis schneiden sich beinahe. Gleichwohl werden hier seit über 70 Jahren Punktspiele ausgetragen, bis hinein in die 1960er Jahre auch Bundes- und Oberligaspiele. In Derbies gegen den FC Bayern füllten über 300 Zuschauer die Halle an der Ursulastraße.
Im Saisonrückblick 51/52 freilich mussten die Münchner Hallenverhältnisse weiterhin als „leider himmelschreiend“ bezeichnet werden. Für Wettkämpfe, die nicht mit den GI-Spielen kollidierten, gab die US-Militärregierung nun immerhin die Halle im Bürgerbräukeller frei, wo in der Folge nahezu der komplette bayerische Oberliga-Spielbetrieb ausgetragen wurde.
Am 8. April 1947 fand dort auch „zur Belebung des Spielbetriebs“ und als Demonstration für Zuschauer ein Städtevergleichskampf von München A mit Landshut und München B mit Augsburg statt. Auch die Frauen traten gegen Augsburg an.
Am 10./11. April wurde in einem großen Turnier mit sechs Münchner Mannschaften und drei Gastmannschaften aus Berlin bei den Männern und drei/eins bei den Frauen der „Ehrenpreis der Landeshauptstadt München“ ausgespielt. Parallel fand je ein Städtewettkampf München-Berlin bei Männern und Frauen statt. Alle Spiele wurden im Bürgerbräukeller ausgetragen. Es war das erste Städtespiel seit der Besatzung über Zonengrenzen hinweg.
Entwicklungen jenseits Münchens
Am Rande dieser großen Veranstaltung wurde zum Basketball-Spartentag im Bürgerbräukeller geladen. Anwesend waren 21 Delegierte von neun Vereinen, darunter je zwei von Victoria Augsburg und TG Landshut, die wohl wegen der unmittelbar anschließenden Städte-Vergleichskämpfe ohnehin im Bürgerbräukeller waren. Bei den ersten Staffeltagen hieß es in den Ausschreibungen, jeder gemeldete Basketballverein könne seinen Obmann und zwei weitere Delegierte dazu entsenden, Vereine mit Frauenabteilung durften zusätzlich „einen weiblichen Delegierten“ schicken.
Augsburg hatte sich mittlerweile wohl als zweiter bayerischer Basketball-Kern neben München entwickelt. Auch in Landshut muss offenbar immerhin so viel gespielt worden sein, dass eine Stadtauswahl aufgestellt werden konnte. Beide Zentren profitierten von ihrer Nähe zum Basketball-„Giganten“ München, indem es Besuche von Trainern und gelegentliche Begegnungen gegeben haben dürfte. Als Rückkampf zum Besuch der Niederbayern im Bürgerbräukeller traten die Münchener Stadtmannschaften Männer/Frauen im Juli 1947 etwa wieder in Landshut an.
Im Oktober 1947 meldete sich in den „ASM“ ein „Kreis Oberfranken (Bezirk West)“, dessen Bezirksspielleiter Karlheinz Wingenfelder aus Coburg die Absicht kundtat, „während der Wintermonate innerhalb unseres Bezirks eine Verbandsrunde für Basketball durchzuführen, und zwar für Männer-, Frauen-, Jugend- und Schülerklasse“. Per Rückmeldung sollte das Interesse signalisiert werden. Weitere Nachrichten gab es dazu nicht mehr.
In der Organisation herrschte völliger Wildwuchs; die zu der Zeit totale Zentrierung Basketball-Bayerns (und -Deutschlands) auf München ließ die Grenzen zwischen Land, Bezirk und Kreis verschwimmen. 1947 wurden Oberbayerische Kreismeister ermittelt, Teilnehmer die bekannten Münchner Vereine; 1948 wurde eine „Bayerische Basketball-Meisterschaft“ ausgetragen, Teilnehmer ausschließlich Münchner Vereine. Eine andere Terminliste der üblichen Namen firmiert 1948 unter „Bezirk Groß-München“. Im gleichen Jahr spielt auch eine „Kreisgruppe Südbayern“; Teilnehmer – ausschließlich Münchner Vereine.
Am 7./8. August 1948 fanden dann aber in Augsburg „Endspiele um die Bayerische Meisterschaft“ statt, die der MTSV Schwabing gewann. Hier ist das Starterfeld nun definiert nach Südbayern – mit zwei Startplätzen, ein zweiter Vertreter nahm aber nicht teil -, dazu Vertreter von „Schwaben und Franken“, VfB Coburg 07 und TG „Victoria“ Augsburg.
Im Bericht aus Bayern an den DBB heißt es 1949: „Ungleich dicht sind in Bayern die Basketballmannschaften gesät. Konzentrationspunkte sind München und Augsburg. Niederbayern und Franken stagnieren und bedürfen im kommenden Jahr neuer Impulse.“
Logistische Probleme
Ziemlich wahrscheinlich wurde mittlerweile an mehreren Standorten in Bayern bereits gespielt; GI’s und DP’s waren die häufigsten „Geburtshelfer“, dazu gab es nun auch schon Gelegenheiten, in München, Augsburg oder anderen Zentren Basketball kennenzulernen. Vor Begegnungen mit anderen Vereinen oder gar einem überregionalen Spielbetrieb standen freilich extreme logistische Hürden.
In den ersten Jahren nach Kriegsende fehlte es an motorisierten Gefährten, weitere Fahrten bedurften der Genehmigung. Im Oktober 1946 ließ der Landes-Sportbeauftragte wissen, dass „Fahrtgenehmigungen für Kraftfahrzeuge zur Beförderung von Sportmannschaften nicht mehr zu erwirken“ seien.
Wenn Coburg 1948 für einen Tag zur Bayerischen Meisterschaft nach Augsburg fahren konnte, war das sicher ein enormes Unterfangen – an regelmäßige Auswärtsspiele aber war nicht zu denken. 1951/52 gab es mit DJK Würzburg schon einen Kreismeister Franken, aber der verzichtete auf den Aufstieg in die Oberliga aus finanziellen Gründen.
In dieser Bayerischen Oberliga sind ab 1950 jenseits der Münchner Traditionsvereine schon TG Victoria Augsburg, TSV Schwaben 1847 Augsburg und SV Bad Tölz zu finden; Fürstenfeldbruck war der nächste Teilnehmer außerhalb der Landeshauptstadt. 1950 waren bekannt eine Oberbayerische Oberliga, Münchner Kreisliga, Bezirksklasse sowie zwei Gruppen in Schwaben.
Höchstwahrscheinlich ist auch davon auszugehen, dass nicht alle Kreise und Spielrunden in den „ASM“ veröffentlicht wurden. Dazu hätten Durchschläge getippt und per Post nach München versendet werden müssen, auf dass dann von dort die bayerischen „ASM“ oder zwischenzeitlich die bundesweite „Basketball“ als Zentralorgane wiederum bei den Vereinen landeten. Man wird sich da wohl auf kleinerem Dienstweg beholfen haben.
In München fehlte ohnehin der zwingende Anlass zur Verschriftlichung. Versammlungen, Personalia, Zuständigkeiten konnten per Zuruf vereinbart werden, man sah sich zumeist ohnehin andauernd in der (einzigen) Halle.
Im Oktober 1951 meldete Würzburg eine „Privatrunde“ mit fünf Mannschaften: Kitzingen und die Oberrealschule Würzburg und DJK Würzburg mit je zwei Teams. Eine Kreisgruppe Unterfranken solle demnächst gegründet werden. 1952 fand denn auch eine Sommerpokalrunde für den Kreis Unterfranken statt und ein Kreistag in Würzburg; als Kreisfachwart zeichnete Hans Dieter Krebs. 1952 berief der Kreis Schwaben einen Spartentag in Augsburg ein und eine Schwäbische Schülermeisterschaft fand statt.
Bis 1958 war in der Sportorganisation der Kreis die größere, der Bezirk die kleinere Einheit. Sport-Bayern war ab 1946 in sieben Kreise unterteilt, die weitgehend den heutigen politischen Regierungsbezirken entsprechen. Die Kreise teilten sich in diverse regionale Bezirke, die je nach örtlichen Gegebenheiten zugeschnitten und benannt waren. Erst 1958 wurde mit einer Strukturreform der Bezirk die übergeordnete Einheit unter dem Land, die Kreise wurden Untergliederungen der Bezirke.
Kreise, Bezirke, Zentren
Ein Sonderfall blieb München, das weiterhin Sitz des DBB, des BBV, des Kreises Oberbayern, des Bezirks München (und seit 1956 auch noch der FIBA) war. „Auf Dauer können die Funktionäre des BBV nicht zugleich auch den Kreis Oberbayern leiten“, wurde eine Beschwerde im Fachblatt „Basketball“ adressiert.
1953 gelang es dann, „den gordischen Knoten mit einem gelungenen Schwerthieb durchzuhauen“: Neuer Kreisfachwart für Oberbayern wurde Dr. Siegfried Reiner – der amtierende DBB-Präsident. Dies sei „kein Treppenwitz der Sportgeschichte“, hieß es im Fachblatt, „sondern der Beweis für den Idealismus eines Mannes.“
1953 wurden unter einer Oberliga eigenständige Kreisligen Schwaben mit elf Mannschaften, Unterfranken mit fünf, alle aus Würzburg, und Oberbayern mit zehn gespielt. Auch „im nordbayerischen Raum rühren sich neue Kräfte“, so „Basketball“, und „der Kreis Schwaben wird dem Frauen-Basketball neue Kräfte zuführen und sich mehr um das Allgäu kümmern“.
BBV-Präsident Hugo Krüger bilanzierte 1955 zum zehnten Geburtstag des BLSV über den Neustart nach dem Weltkrieg: „Die alten Zentren bewahrten ihre Stärke, und von ihnen ging der Ansporn zu zahlreichen neuen Gründungen in München, Augsburg, Schrobenhausen, Würzburg, Aschaffenburg, Nürnberg, Garmisch, Rosenheim, Bad Aibling, Erlangen und einer Reihe kleinerer Orte aus.“
1957 konstatierte „Basketball“: „Im Zuge gesunder Breitenarbeit hat die Provinz mehr und mehr den Vorsprung der Metropole München aufgeholt und ist daran, diese zu überholen.“ Und 1958: „Noch vor kurzem gab es nur einige Hochburgen in Südbayern, der Rest war Schweigen.“ Von Unterfranken her sei jetzt das übrige Nordbayern erfasst worden. „Heute kann man sagen, daß in ganz Bayern Basketball gespielt wird.“
Die gesamten Entwicklungen vollzogen sich freilich auf minimalem Niveau. Eine erste Bestandserhebung im Basketball stammt von 1949 und weist 374 Vereinsmitglieder aus – in ganz Bayern. Das reicht für rund 30 Mannschaften, von denen zu der Zeit sicher 25 in München angesiedelt waren.
Handball meldete bei dieser Erhebung 25.567 Aktive, das heißt, auf einen bayerischen Basketballer kamen 68 Handballer. Fußballer, hierzulande immer schon auf einem eigenen Level angesiedelt, waren 176.949 registriert, in Relation zum Basketball also 473:1. Unter den 23 Sportarten, die 1949 im BLSV zusammengeschlossen waren, bildete Basketball das allerkleinste Pflänzchen.
Bis 1955 hatte sich die Mitgliederzahl auf 1435 nahezu vervierfacht, reichte aber weiter lange nicht an eher unscheinbare Disziplinen wie Fechten oder Segeln hin. Die Relation zum – nach dem Krieg nicht mehr so florierenden – Handball lag nun bei 1:17, zum Fußball bei 1:170. (2023 übrigens liegt die Relation Basketball:Handball bei 1:1,7 und Basketball:Fußball bei 1:30.)
1955 aber war es noch möglich, dass der BBV ein Weihnachtsfest organisierte – für alle bayerischen Basketballer. „Die Freunde vom Basketballfeld unter dem Lichterbaum“, titelten die „ASM“ und berichteten: „Der Nikolaus persönlich hätte nicht mehr strahlen können als BBV-Präsident Hugo Krüger bei seiner Weihnachtsansprache“. Über 500 „wohlgelaunte Gäste“ aus München, Augsburg, Bad Tölz, Schrobenhausen und sogar Würzburg hatten sich in der Halle des MTSV Schwabing versammelt – mehr als ein Drittel der registrierten Aktiven.
Das dreistündige Programm beinhaltete eine Ehrung des Deutschen Meisters Bayern München ebenso wie den Auftritt eines Kammersängers, Tanz- und Jodlergruppen und ein Kabarett der Schwabinger Gruppe „Die kleinen Fische“. Die Lichter in der Halle seien „frühmorgens um 2.30 Uhr noch nicht gelöscht worden“.
Aufbau des BBV
Konnten alle anderen Sportarten des BLSV 1945 an ihre etablierten Vorkriegs-Verbandsstrukturen anknüpfen und brauchten dazu gerade mal das Hakenkreuz von den Briefköpfen zu entfernen, so musste die winzige Sparte Basketball mit ihren paar hundert Mitgliedern auch noch einen neuen Verband aufbauen, nachdem man bislang stets abhängig dem Handball unterstellt gewesen war.
Diese Nähe blieb vorerst. Der erste aktenkundige Basketball-Spartentag 1947 beriet unter anderem, ob und wie die Satzungen der Handballer für Basketball genutzt werden könnten. Auf die Handball-Ordnungen wird auch in weiteren Bekanntmachungen zum Spielbetrieb stets verwiesen.
„Jacky“ Knerr berichtete im Rückblick, dass im Haus des Sports am Rindermarkt Walter Fembeck von der Geschäftsstelle des Bayerischen Handball-Verbandes Schreibarbeiten für den jungen Basketballverband erledigt und etwa die ersten Terminlisten der bayerischen Ligen getippt hätte (Fembeck wurde später übrigens Geschäftsführer der Profi-Fußballer des FC Bayern).
Vom Spartentag Basketball 1951 in der Sportschule Grünwald wird dann berichtet, dass „die Zeit erster Pionierarbeit nunmehr beendet ist, daß die Improvisationen aufhören, und daß man künftig streng und klar nach Basketball-Spielordnung und -Satzungen handeln wird“. Damit dürfte diese Tagung die erste Satzung für den bayerischen Basketball verabschiedet haben.
Der BLSV hatte sich 1945 ausdrücklich konstituiert als „Einheitssportbewegung“, um „die Einigkeit des Sports zu wahren“. Die einzelnen Sportarten waren darin als unselbständige Sparten organisiert. Offenbar war diese, auch in anderen Besatzungszonen praktizierte Zentralisierung aber nicht unumstritten. Immerhin hatten alle zusammengeschlossenen Sportarten – außer Basketball! – bis zur Gleichschaltung im Dritten Reich schon eigene Fachverbände besessen.
Im November 1947 sahen sich die Landessportverbände von Bayern, Hessen und Baden zu einer gemeinsamen Resolution veranlasst, in der man sich weiterhin zu der zentralen Organisation bekannte. Definiert ist dabei, dass „Sparten praktisch Fachverbände sind“. Die Gründung neuer Fachverbände sei also „überflüssig“. Freilich haben nicht alle Sparten unterzeichnet, was vielleicht die Konfliktlinien markiert. 15 (von 23) BLSV-Sparten haben diese Resolution gezeichnet, Basketball fehlt. Es ist nicht erkennbar, ob das in einer zufälligen Abwesenheit eines Spartenrepräsentanten begründet liegt, in einem Flüchtigkeitsfehler bei der Abfassung oder ob Basketball das anders gesehen hatte.
Beim Verbandsausschuss des BLSV 1948 wurde dann jedoch plötzlich mit den Sparten ein Übereinkommen getroffen, wonach „alle Voraussetzungen getroffen“ seien, dass sich die Sparten als eigene Fachverbände im Vereinsregister eintragen könnten und „somit auch formal zu völlig selbständigen Gebilden entwickelt“ wären. In der Folge werden in den „ASM“ immer wieder neu eingetragene Fachverbände gemeldet und diese fortan dann auch mit ihrem Verbandsnamen geführt.
Basketball blieb aber „Sparte“, ein Eintrag ins Vereinsregister wurde in den „ASM“ nie veröffentlicht. Ende 1950 erschien der Basketball-Bericht erstmals unter der Rubrik „Bayerischer Basketball-Verband“. In diesem Beitrag war dann aber als Kontoverbindung weiterhin „Sparte im BLSV“ genannt. So geht es inkonsequent weiter, mal titulierte sich Basketball als Sparte, mal als Verband. Im November 1951 etwa stand über dem Bericht als Rubrik „Bayerischer Basketball-Verband“ und eine Zeile darunter als Überschrift „Sparte Basketball“.
Beim DBB-Bundestag im Februar 1951 zeichneten die bayerischen Delegierten Regiert und Seßler mit „Bayerischer Landessportverband“, alle anderen elf Verbandsdelegierten mit ihren jeweiligen Landes-Basketball-Verbänden.
Beim „Spartentag“ am 1. Dezember 1951 in der Sportschule Grünwald heißt der Tagesordnungspunkt 9 dann ausdrücklich: „Umbenennung der Sparte Basketball in Bayerischer Basketball-Verband“. Im späteren Bericht über den „Spartentag“ steht zu der Umbenennung dann nichts. Josef Regiert immerhin wird bei der nächsten Erwähnung als „Verbandsleiter“ tituliert. Das ist freilich nicht zwingend aussagekräftig, denn zuvor firmierte er wahlweise unter Spartenleiter, Kreisfachwart oder schlicht Vorsitzender.
München als Sitz von DBB und FIBA
Zur Herzkammer für die Gründung eines Deutschen Basketball-Bundes war München durch Zufall geworden. Der Breslauer Siegfried Reischies, Jahrgang 1909, einer der ersten Basketballer Deutschlands und Teilnehmer der Olympischen Spiele 1936, war nach dem Weltkrieg in München gelandet. Als Lehrer am Realgymnasium in München, mittlerweile promoviert, änderte er seinen Nachnamen in Reiner.
Bei einer ersten Arbeitstagung des Deutschen Zentralausschusses für Basketball am 20.09.1947 in Stuttgart war Wolfgang Kraft der Initiator. Kraft war die umstrittenste Figur der Pionierjahre im deutschen Basketball. Zunächst lebte er in München, wo er nach 1947 nach dem Rücktritt von Naidenoff auch als Spartenleiter des bayerischen Basketballs berufen wurde.
Noch 1947 kam es jedoch in München zu einer Krisensitzung, quasi einem Ältestenrat der Münchner Vereine mit einem BLSV-Mitarbeiter, weil von dem beruflich nach Berlin verreisten Spartenleiter Kraft seit sechs Wochen jede Nachricht fehlte. Man setzte Josef Regiert als kommissarischen Spartenleiter und als „Obmann für München bzw. Bayern“ ein.
Sieben Tage später stand Kraft einer Vereinsvertreterbesprechung Rede und Antwort und gab nun auch von sich aus das Amt zurück. Im Deutschen Zentralausschuss zeichnete er gelegentlich als Generalsekretär. Über die weiteren Vorläuferorganisationen bis hinein in den DBB war er immer wieder aktiv – und immer wieder umstritten.
Die erste Hauptversammlung des Zentralausschusses 1947 in Darmstadt mit den bayerischen Vertretern Dr. Reiner, Konz, Regiert und Heinz Friedel gründete die „Gesellschaft zur Förderung des Basketballsports (GFB)“, Dr. Siegfried Reiner wurde ihr Vorsitzender. Auch eine „Arbeitsgemeinschaft für Basketball in der amerikanischen Zone“ mit bayerischen Delegierten traf sich 1948. Von ihr wurde die Absetzung von Kraft gefordert, der auch in Bayern „offene Konten“ hinterlassen habe.
Die neue GFB traf sich im Juni 1948 zur Vorstandssitzung in München. Kraft wurde dabei die Zuständigkeit entzogen und Dr. Reiner mit der Sekretariats-Arbeit beauftragt; wenig später wurde Wolfgang Kraft von der Tagung der GFB aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Bei dieser Versammlung gab es einen zweiten Eklat, als wegen der mehrheitlich erteilten Ausnahmegenehmigung für eine ausländische Spielerin bei Heidelberg für die Deutsche Meisterschaft die bayerischen Vertreter – außer Dr. Reiner – „unter Protest“ die Versammlung verließen.
Nach der Gründung des DBB unter Federführung Dr. Reiners fand der erste DBB-Bundestag am 17./18.2.1951 in der Sportschule Grünwald statt. Sepp Regiert stellte dabei den Antrag, das Generalsekretariat müsse immer am Wohnort des Vorsitzenden sein, der angenommen wurde. Demnach war München nun Sitz des DBB.
Wolfgang Kraft unternahm den Versuch, ohne Mandat am Bundestag teilzunehmen, wurde aber nicht zugelassen. Schließlich wurde er vom DBB ausgeschlossen, weil er dem jungen Verband „schweren Schaden zugefügt“ habe. Auch während seiner Tätigkeit als Basketball-Obmann in Bayern habe er „die ihm zustehende Vertretungsmacht überschritten“.
Auch die erste Sitzung des DBB-Vorstands berief Dr. Reiner am 25./26.8.1951 wieder in der Sportschule Grünwald ein, die zweite Vorstandssitzung am 8./9.12.1951 nach München. Der Münchner Walter Zuleeg war in Konsequenz des Standortsbeschlusses 1951/52 Generalsekretär des DBB – und parallel Schriftführer im BBV. Auch Dr. Reiner engagierte sich während und nach seinem DBB-Vorsitz als Pressewart im BBV und kurzzeitig als erster Kreisfachwart für Oberbayern, der bayerische Spartenleiter Josef Regiert zeichnete 1951 als DBB-Kassenwart.
Die Koppelung der Dienststelle an den Wohnort des Amtsinhabers, wegen der damaligen Mobilitäts- und Kommunikationsverhältnisse einfach geboten, sorgte auch dafür, dass München 1956 auch noch Sitz der FIBA wurde. Deren Generalsekretär R. Wiliam Jones wurde im Mai 1956 als Direktor des Unesco-Jugendinstituts in Gauting berufen. 1957 war das unscheinbare Dorf bei München denn auch Gastgeber einer Konferenz des Basketball-Weltverbandes.
1957 stellte Jones mit Ursula Frank eine Mitarbeiterin ein und eröffnete ein eigenes FIBA-Sekretariat in München an der Rugendasstraße. Der Weltbürger Jones blieb fortan in München heimisch. Laut seiner Biografie liebte er „die weißblauen kulinarischen Genüsse“. Allerdings habe er „die Mahlzeiten häufig durch Marsch- oder bayerische Blasmusik untermalen lassen“, was „nicht immer zum wahren Vergnügen der Gäste“ geraten sei.
Jones habe zeitlebens „für Bayern besondere Sympathien gehegt, nicht nur zu dessen Nationalgetränk“. Er soll sich sogar seinen Wagen weißblau lackieren haben lassen. 1972 und 1984 berief er erneut FIBA-Weltkongresse in München ein. Jones ist am 22.4.1981 in München gestorben und wurde bis zu einer späteren Umbettung dort auch beigesetzt. Die FIBA-Zentrale zog 2002 nach Genf. Die FIBA Europe sitzt weiterhin in München.
Laufend Deutsche Meister
Die exponierte Stellung Münchens in der frühen Basketball-Entwicklung von ganz Deutschland manifestierte sich insbesondere auch auf dem Spielfeld. In den zehn ersten Aufbaujahren bis 1955 kamen je vier Deutsche Meister bei Herren und Damen aus München.
Schon 1947 hatten es Enthusiasten in den drei westlichen Besatzungszonen geschafft, wieder eine Deutsche Meisterschaft auszurichten. Sowohl der MTSV Schwabing bei den Männern als auch TS Jahn München bei den Damen schafften es, Mannschaften dorthin zu entsenden, was angesichts der allseits herrschenden Not und der strikten Zonentrennung der Alliierten ein beachtliches Abenteuer dargestellt haben muss.
Eine Basketball-Veranstaltung konnte freilich auf große Unterstützung der US-Amerikaner rechnen, in deren Verwaltungsbereich dann auch der erste Austragungsort Darmstadt lag. Die Besatzungsarmee stellte sogar ausreichend Verpflegung zur Verfügung. „Und dann gab es richtigen Kaffee und dazu Milchpulver“, erinnert sich Teilnehmer Niebuhr, „es geht sogar ein Gerücht um, daß viele Spieler zwei und mehr Portionen gefasst hätten.“
Sowohl die Schwabinger als auch die Jahnlerinnen gewannen die Titelkämpfe und wurden somit erste Deutsche Nachkriegsmeister. Schwabing wiederholte seinen Titelgewinn 1949. 1954/55 folgte der FC Bayern München mit Deutschen Meistertiteln. Der Saisonvorschau 1954 ist zu entnehmen, dass die FCB-Mannschaft „wertvollen Zuwachs“ erhalten habe, nämlich die Schwabinger Meister-Spieler von `47 und `49, Uli Konz, Markus Bernhard und Rudi Hohner. Gerüchtweise hätten die Bayern die Schwabinger Nationalspieler mit Trainingsjacken geködert…
Noch eindrucksvoller war die Münchner Dominanz bei den Frauen mit vier Deutschen Meistertiteln von Jahn München zwischen 1947 und 1951. Neben der sportlichen Klasse ist bemerkenswert auch der Mut, als Frauen in dieser Zeit derart intensiv Sport zu betreiben. In einer Einlassung zum Frauensport hieß es 1947 in den „ASM“, dass der Prozentsatz der Frauen und Mädchen im regelmäßigen Sport „viel zu gering“ sei.
Selbstverständlich sei, dass „die jetzigen Lebensumstände mit ihren vielen Schwierigkeiten die Ausübung des Sports für unsere berufstätigen Frauen und Mütter sicherlich erschweren“. Neben den Vorteilen einer Sportausübung für die Frau seien aber umgekehrt auch Frauen für Sportvereine wichtig, weil „in unserem jetzigen, an schönen Dingen so armen Leben gerade die Frau dazu berufen ist, Freude und Schönheit hinein zu bringen“.
Im Basketball hat es daran offenkundig nicht gefehlt. Schon in der Startphase der späten 1930er Jahre war der Frauenanteil im Münchner Basketball überregionale Erwähnungen wert, nun gab es ab 1945 wieder offenbar selbstverständlich sofort Ligenbetrieb auch für die Frauen mit gleich mehreren Mannschaften in München und wahrscheinlich auch sehr früh in Augsburg. Kein Wunder, dass sich den vier Meistertiteln der Münchnerinnen in der nächsten Dekade gleich drei Titel für Augsburger Vereine anschlossen.
Etwas für die Jugend
Kinder und Jugendliche hatten Basketball bis etwa 1943 in der Hitler-Jugend kennenlernen können. Wohl wegen des besonderen Stellenwerts, den die US-amerikanischen Militärbehörden der Erziehung und Bildung der neuen deutschen Generationen zumaßen, musste auch Jugendarbeit in Sportvereinen besonders lizensiert werden. Anträge zum Aufbau von Jugendabteilungen mussten der Militärregierung vorgelegt werden.
Eine Jugendorganisation war im jungen Basketball bis dato noch nicht entstanden. Beim ersten Spartentag 1947 appellierte BLSV-Jugendleiter Erich Loy an die Basketballer, „dass für die Jugend etwas geschaffen werden muss, was sie interessiert“. Er versprach: „Auch der Basketballsport wird einmal eine Jugend haben.“
Strukturiert war das zunächst nicht. Beim Abschlussbericht über eine Südbayerische Meisterschaft 1948 wird in „Basketball“ über Bayern vermerkt, dass „im Jugendbasketball der MTV München führt“. Bei der Süddeutschen Meisterschaft im Oktober 1948 in Stuttgart wird der MTV München als Titelverteidiger bezeichnet. 1952 wird in Bayern die „vorgesehene Durchführung einer Jugendrunde“ avisiert, Jugendabteilungen sollten sich melden.
Zum Schuljahresbeginn 1948 wurden von der Spartenleitung Bemühungen unternommen, Basketball auch in den Arbeitsplänen der bayerischen Schulen unterzubringen. Geplant waren Übungsleiterlehrgänge für Vereine und „in Verbindung mit dem Kultusministerium auch Kurse für Turn- und Sportlehrer“.
Welch Pionierarbeit das war, verdeutlicht ein Bericht von Rudi Seßler noch 1957 in den „ASM“, wo er schreibt, „daß mancherorts in Bayern in Vereins- und Schulturnhallen unbenutzte Basketballgeräte hängen oder solche irgendwo verstauben“. In Bayern gehe man „mehr als zögernd an diesen Sport heran und es gibt bei uns sogar noch Vereinsvorstände, die trotz des sichtlichen Interesses ihrer Vereinsjugend kategorisch ‚nein‘ sagen“. Er zeigte sich dennoch zuversichtlich, auch an die bayerischen Vereine werde „eines Tages die Jugend herantreten und die Frage nach den noch zu wenig beachteten Körben in ihrer Halle beantwortet haben wollen“.
Erster Durchhänger
Nach der zweiten Geburt des Basketballs in Bayern war nun offenbar eine erste Stagnation eingetreten. Ein Länderspiel in München 1959 lockte gerade 100 Zuschauer. Die amerikanischen GI’s und die DP’s, die vielerorts die Motoren, Trainer und Leistungsträger für Basketball gewesen waren, hatten das Land nach und nach verlassen.
Sportlich war es nach den acht Deutschen Meistertiteln bis 1955 in bayerischen Vereinen eher bergab gegangen. Basketball habe sich stark verändert, konstatierte ein Artikel 1959, mutmaßlich verfasst von Dr. Reiner: „Wohl hat der Spielertyp des deutschen Basketteurs seit 1936 eine grundlegende Wandlung erfahren. Damals handelte es sich größtenteils um ehemalige Handballspieler, die man ausgeliehen oder umgeschult hatte. Inzwischen hat sich jener schlankwüchsige Typ durchgesetzt, der, mit Sprungkraft, Schnelligkeit und Cleverneß ausstaffiert, unter den hochhängenden Körben den Ton angibt.“ Deutsche Spieler hingegen vermittelten „den Anschein, als ob an vielen das deutsche Wirtschaftswunder nicht ganz spurlos vorübergegangen war“.
War in den Anfangsjahren das zentrale Problem des Basketballs die Hallenfrage, so wird diese Klage nun abgelöst vom „Krankheitsherd des bayerischen Basketballes: die Funktionärsfrage“, wie es 1957 in „Basketball“ heißt: „Einige wenige reiben sich auf im täglichen Kleinkrieg, die ausreichend breite Masse der uneigennützigen Helfer fehlt.“
1958 wird die Fachzeitschrift noch deutlicher: „Einige Besserwisser, die selbst noch nie für die allgemeine Sache einen Finger krumm gemacht haben, erschweren das Leben mit ihrer Quertreiberei.“ So sei es auch „kein Wunder, daß der bayerische Basketballsport einen so schnellen Wechsel in der Leitung aufzuweisen hat, wie kaum eine andere Sportart.“ Außerdem wird bemerkt: „Man billigt dem bayerischen Basketball gerne zu, daß er gelegentlich recht eigenwillige Wege geht.“ Worauf sich diese Sottise bezog, ist nicht mehr ergründbar.
Vor allem München war als Bundes-, Landes-, Kreis- und Bezirks-Zentrale offenbar ausgezehrt. 1957 tat der BBV einen auch damals als einschneidend empfundenen Schritt hin zur Ausrichtung auf das ganze Landesgebiet und weg von der ausschließlich Münchner Zentrierung: Auf einem programmatisch in Augsburg angesetzten Verbandstag, mutmaßlich der erste außerhalb Münchens, wurde mit Rudi Seßler erstmals ein Augsburger und damit Nicht-Münchner zum Vorsitzenden gewählt.
Vor dem nächsten Verbandstag, wiederum in Augsburg, bilanzierten die „ASM“: „Erstmalig gingen Rudi Seßler und die Seinen daran, mit dem unkontrollierten Spielbetrieb aufzuräumen. Damit war praktisch die Zeit erster Aufbauarbeit abgeschlossen und der Weg zu normalisierten Verhältnissen geebnet. Daß diese Umstellung keine einfache und auch keine völlig reibungslose war, bedarf keiner Unterstreichung.“
Diese Zäsur drückte sich auch aus, indem es 1959 am Vorabend des Münchner Länderspiels im Haus des Sports erstmals eine Rückschau gab, markiert durch eine Ehrung „verdienstvoller Basketballpioniere und Veteranen“. Gewürdigt wurden damals Dr. Angel Naidenoff, Sepp Regiert, Dr. Arno Sollmann (alle Jahn München), Markus Bernhard, Rudi Hohner, Uli Konz, Franz und Michael Kronberger, Hugo Krüger (alle – mittlerweile – FC Bayern München), Wilhelm Becker, Gerhard Böhme, Karl Klein (alle MTSV Schwabing), Max Eckl (Polizei-SV München), Karl Vogl (TSV München Ost) und Rudi Seßler (Viktoria Augsburg).
„Die Gedanken wanderten in die Zeit nach den Olympischen Spielen in Berlin zurück“, heißt es in den „ASM“ dazu, „als man in München die ersten Körbe aufrichtete, als peruanische Studenten den ersten Gehversuchen hilfreich Pate standen. Inzwischen ist aus diesem kleinen Pflänzchen ein mächtiger Baum geworden.“
verfasst von Klaus Bachhuber