Es ist vollbracht: Den Basketballern des FC Bayern ist im packenden EuroLeague-Duell mit Mitfavoriten Olimpia Mailand der erste Sieg gelungen und damit die Rückkehr in die Best-of-five-Serie: Die Mannschaft von Cheftrainer Andrea Trinchieri besiegte nach den zwei dramatischen Niederlagen in Mailand das italienische Starensemble am Mittwochabend nach einer insgesamt beeindruckenden Vorstellung 85:79 (39:35). Damit steht es 1:2 und die Münchner haben sich somit ein zweites Heimspiel im Audi Dome am kommenden Freitag (30.4., 20.45 Uhr) erspielt. Die Gastgeber trotzten dem Druck des mögliches frühen Aus mit einer leidenschaftlichen Teamleistung und lag nahezu die komplette Partie in Führung. Für die Bayern war es der 22. Saisonsieg in der Königsklasse und der erste überhaupt für ein deutsches Team in der Post-Season. Bester Werfer war Co-Kapitän Vladimir Lucic, der in der zweiten Halbzeit 20 seiner 27 Punkte erzielte. Zan Mark Sisko spielte acht Assists, JaJuan Johnson fing neun Rebounds.
Im Do-or-die-Knüller starteten Wade Baldwin, Diego Flaccadori, Vladimir Lucic, JaJuan Johnson und Leon Radosevic, denen FCBB-Coach Andrea Trinchieri mit auf den Weg gab: „Jetzt ist es Zeit, nicht mehr zu reden, sondern zu handeln.“ Und seine Männer handelten, indem sie furios ins Spiel fanden und die Italiener mit einem 7:0-Lauf überraschten. Mailand reagierte und glich dank der individuellen Klasse scheinbar mühelos zum 9:9 aus (6.). Lucic ließ einen Dreier im Korb der Startruppe einschlagen und initiierte einen entschlossenen 8:0-Lauf, der Olimpia zur Auszeit zwang (8.). Die Münchner bauten den Run zur zweistelligen Führung aus, Reynolds wurde von Seeley großartig bedient und hämmerte den Ball durch den Ring (21:9/9.). Der 14:0-Flow der Bayern verhinderte vier Minuten lang Punkte der Gäste und brachte eine beachtliche 23:9-Führung nach dem ersten Viertel ein.
Trinchieri nahm nach 50 Sekunden des zweiten Spielabschnitts die Auszeit, weil die Gäste mit vier schnellen Punkten zurückschlugen. Die Bayern wurden etwas hektisch und vertändelten den Ball. Zum Ende der 14. Spielminute waren die Norditaliener auf 28:25 herangekommen. Grundsätzlich war die Partie extrem umkämpft und wurde von beiden Teams mit maximaler Intensität geführt. In Richtung Halbzeit spielte Olimpia gewitzter, die Ballbewegung und Wurfauswahl der Münchner ließen zu wünschen übrig (32:33/19.). Die verbleibenden 110 Sekunden zeigte der FCBB aber wieder ein anderes Gesicht: Aus einer starken Verteidigung heraus gelang ein 7:2-Lauf, der die 39:35-Führung der Münchner nach 20 Minuten zur Folge hatte.
Topscorer Vladimir Lucic überragt und zwölf Punkten in Serie
Ein halbzeitübergreifender 11:2-Lauf der Münchner zwang Mailands Coach Messina zur Auszeit, aber diese taktische Maßnahme stoppte die großartig verteidigenden und vorne aus einem Guss agierenden Bayern nicht – die Führung wurde wieder zweistellig (47:35/23.). Münchens 14:0-Run begeisterte auch Präsident Herbert Hainer und seinen Vorgänger Uli Hoeneß, den Italienern gelang dagegen so gut wie nichts mehr: Der erste Korb der zweiten Halbzeit glückte ihnen erst nach knapp fünf Minuten. Lucic drückte der Offensive seinen Stempel auf, seine zwölf Punkte am Stück sorgten für die bis dahin höchste Führung (60:42/28.). Sergio Rodriguez griff ein – Trinchieris Auszeit kam sofort (60:47/29.). Sisko führte bewundernswert ruhig Regie und scorte auch selbst zum 63:47 (30.). Nach dem dritten Viertel lagen die Bayern 64:51 in Front. Am Ende des dritten Viertels kassierte der FCBB ein Vier-Punkt-Spiel, zu Beginn des Abschlussviertels wieder. Mailand war auf sechs Punkte dran – da feuerte Lucic den nächsten Dreier ab (67:58/31.). Nach dem fünften Foul von Baldwin war Sisko noch mehr gefordert. Johnson war zwei Mal erfolgreich, Bayern hatte wieder Oberwasser (75:63/35.).
Mailands geballte Erfahrung war gefährlich, Bayern musste mit dem Druck fertig werden. Und das gelang: München spielte kontrolliert, fokussiert und variabel. Zipser wurde beim Dreier gefoult, alle drei Freiwürfe saßen (78:66/36.). Jetzt, unmittelbar vor der Crunchtime, packten die Bayern defensiv noch einmal eine Schippe drauf, der Vorsprung hatte Bestand (80:68/38.). Johnson arbeitete herausragend am offensiven Brett, Sisko nahm Sekunden von der Uhr. Über drei Minuten gelang den Münchnern zwar kein Treffer, 39 Sekunden vor dem Ende waren die Italiener auf 80:73 herangekommen. Dann begann wieder das unterhaltsame Freiwurf-Spiel – aber in Lucic wurde wiederholt genau der Richtige attackiert, denn der Spieler des Abends traf jeden Wurf (bis auf den letzten) und sicherte den ersten Playoff-Sieg einer deutschen Mannschaft in der EuroLeague.
Andrea Trinchieri: „Unsere Situation hat sich nicht verändert, denn es gibt am Freitag wieder ein Spiel – und wir haben es wieder zu gewinnen, um in dieser Serie am Leben zu bleiben. Das Einzige, was sich verändert, ist, dass wir nach vier Versuchen – zwei davon mit sehr, sehr knappem Ausgang – ein Spiel gegen eine sehr gute Mannschaft aus Mailand gewonnen haben. Sie sind viel tiefer als wir in unserer Situation, denn uns fehlen in Babb und Djedovic zwei wichtige Guards. Trotzdem haben wir ein Spiel mit Foulproblemen gewonnen, mit einem großartigen defensiven Einsatz. Wenn man das letzte Viertel ausnimmt, als ich meinen einzigen Ballhandler schützen musste (Sisko) und mit drei Großen spielte und wir 28 Punkte kassierten, waren wir in der Verteidigung trotz Aufs und Abs sehr solide. Der andere Schlüssel war, dass D.J. Seeley, Diego Flaccadori und JJ Johnson uns sehr geholfen haben. Natürlich hast du Lucic, große Spieler in unserer Hierarchie. Doch ohne die Hilfe von den anderen können wir nicht gewinnen. Heute haben wir als Team gespielt und sind jetzt drin in der Serie. Nun müssen wir das vergessen, regenerieren und Frische finden, um am Freitag in einen weiteren Kampf zu gehen. (…) Das Alba-Spiel war unangenehm, fürchterlich, enttäuschend – aber es ist menschlich gewesen. Keiner hat das gemocht, aber wenn man den Charakter meines Teams anzweifeln will, dann sind wir auf zwei verschiedenen Planeten. Wir sind von einem schrecklichen Spiel gekommen und wollten heute gewinnen – und ich denke, wir gehen jetzt mit etwas Selbstvertrauen heim. Wobei das nichts für das nächste Spiel bedeutet, es wird total anders verlaufen und schwer. Aber wir haben unsere Hand in diese Serie gebracht, wir haben ein Spiel gewonnen.“
Vladimir Lucic: „Ich bin sehr glücklich, dass wir gewonnen haben, denn wir hätten den Sweep nicht verdient gehabt. Jetzt haben wir die Möglichkeit, die Serie am Freitag nach Mailand zurückzubringen. Unsere Energie war der Unterschied, wir haben nicht aufgegeben und wenn wir so spielen, sind wir schwer zu schlagen.“
Paul Zipser: „Das fühlt sich erstmal gut an, den Sieg brauchten wir natürlich. Vladimir Lucic hatte heute sehr wenig Lust, dass wir das verlieren. Zu ihm brauche ich nicht viel sagen, er hat uns vorne wie hinten extrem viel gegeben. Jetzt geht‘s zum nächsten Spiel. Sisko hat viel Ruhe ins Spiel gebracht, er spielt sehr abgeklärt für sein Alter. Wir haben heute defensiv ein wenig umgestellt und nicht nur geswitcht. Nach einem extrem guten Start haben wir einfach die Energie gebracht. Das war eine starke Leistung, wir werden weiterkämpfen und wollen nicht nach Hause gehen.“
JaJuan Johnson: „I think the first two games they got a lot of extra rebounds, extra possessions, and I think that ended up hurting us. Today we made the adjustment and limited that, and got our team some extra shots as well, so I think that was a big difference in the game. It’s a step in the right direction. The position we’re in, we have to take in one game at a time, so we’re focussing on the next game, try to get that one and then go back to Milan.”
Marko Pesic: „Ich freue mich für die Mannschaft und die Trainer, dass sie über diese Brücke gegangen sind, ein Spiel gegen Mailand zu gewinnen. Wir hatten bisher alle Spiele gegen Mailand verloren, von daher war das sehr wichtig. Jetzt ist die Serie offen und wenn die Mannschaft wieder so spielt, wird sie wieder die Chance auf den Sieg haben. Mailand ist individuell so gut und erfahren, dass wir nur durch unseren Teamgeist überhaupt eine Chance haben. Das war heute eindrucksvoll. Dieses erste Playoff-Sieg in der EuroLeague ist schon ein großer Erfolg und er steht ganz, ganz weit vorne in unserer Klubhistorie.“
- FCBB: Vladimir Lucic (27 Punkte/7 Rebounds), Paul Zipser (11), Wade Baldwin (11), Zan Mark Sisko (9/8 Assists), JaJuan Johnson (9/9 Reb), Jalen Reynolds (6), James Gist (4), D.J. Seeley (3), Diego Flaccadori (3), Leon Radosevic (2), Jason George und Sasha Grant.
- Topscorer Mailand: Malcolm Delaney (18 Punkte)
Die Punkteverteilung nach Vierteln (aus Sicht des FCBB): 23:9, 16:26, 25:16, 21:28.
Zahlen & Fakten – Zweier-Quote: 55% (FCBB) // 48% (Mailand); Dreier-Quote: 46% // 34%; Freiwurf-Quote: 76% // 80%; Rebounds: 37 // 29; Assists: 18 // 11; Ballverluste: 10 // 11. (pm-FCBB)